In meinen Kommentaren fand sich dieser.
Es geht um die Frage, ob derzeit zum Sterben schnell ins Heim abgeschoben wird.
Wie sind Eure Erfahrungen derzeit?
Liebe Monja, liebe Mitleser. Ich arbeite in der Altenpflege und habe quasi life eine ernstgemeinte Frage an alle aus der Krankenpflege und der Altenpflege. Bitte löschen, Monja, wenn es gar nicht passt, Du hast einfach eine größere Reichweite als ich und bei mir im Blog passt es nicht. Wie mein Name vielleicht erahnen lässt, kann ich leider nicht sagen, wo genau ich wohne, nur: In der AP im Umkreis wird die Empörung immer lauter und kommt aus mehreren Ecken – und es nimmt beängstigende Ausmaße an. Und ich bin neugierig: ich möchte wissen, ob das ein lokales Phänomen ist, was hier passiert. Es geht um Folgendes: Die Altenpflegeheime bekommen seit Wochen täglich deutlich mehr Anfragen zur Kurzzeitpflege von den sozialen Diensten der Krankenhäuser als normal : Pflegegrad beantragt, laut Arztbrief erstmal 2, aber laut Einstufung mindestens 4, guter AZ bis auf Z.n. Irgendwas , bissle dement eventuell, Langzeitpflege angestrebt … Alltag ohne viel Aufwand, wenn´s denn stimmen würde; von MRSE,VRE und andren Nettigkeiten, die eine Unterbringung in einem Einzelzimmer zwingend notwendig machen ist gar keine Rede mehr – erst wenn die zukünftigen Bewohner schon in der Tür stehen, fällt das Mal so nebenbei, aber das „wär doch kein Problem“ …. ööhm … die meisten Pflegeeinrichtungen haben zumindest bis 2027 noch Doppelzimmer – – – – – – Und ab jetzt liest bitte nur jemand weiter, der wirklich und tatsächlich NICHT den Moralaposten spielen will, politisch einen raushauen will oder anderweitig keine Ahnung hat, von was er spricht, sondern AUSSCHLIEßLICH Personal, das direkt am Bett steht und mir sagen kann, ob es auch in der KP neue Anweisungen gibt, von denen kaum jemand weiß, der nicht täglich damit konfrontiert wird!!!! Los geht´s, Beispiele der letzten Wochen, die nur die Spitze des Eisbergs sind und sich mehren: Da kommt ein vitaler Mensch, PG 3 ( laut Arztbrief so angekündigt ) mit einem HB von 6,5 und bekannter Anämie bei uns an, der war kurz darauf nicht mehr ansprechbar, weil wir so lange mit dem Taxifahrer und der Polizei diskutieren mussten, dass wir diesen Menschen in dem Zustand auf gar keinen Fall aufnehmen und dass der Mann sofort wieder ins Krankenhaus gehört – wobei uns scheißegal ist, wer den Transport zahlt. Nett war auch die Dame, deren Extremititäten bereits zu marmorieren begannen, die in einem Krankentransport ( sitzend !!!!) gebracht wurde, die haben wir auch postwendend wieder zurück geschickt. Und die Angehörigen über den bevorstehenden Tod informiert. Ganz klasse war der angebliche Arzt, der mich ernsthaft darüber belehren wollte, dass bei einem Patienten 5 Tage nach Feststellung von Covid der folgende PCR Test eh nicht mehr aussagekräftig wäre und der wegen Long Covid auch nie wieder negativ würde und dass eine Isolation folglich nicht nötig wäre ( … der Patient verstarb 2 Nächte später im KH, berichteten die Angehörigen ). Und der „Arzt“ konnte überhaupt nicht verstehen, dass hier das Gesundheitsamt klare Regelungen getroffen hat: Aufnahme zur KZP mit positivem PCR Test ist untersagt. Punkt. Bewohner, die von Euch kommen, sind momentan gefühlt echt sehr selten Dauergäste und das liegt nicht in der KZP begründet, sondern die werden alle raus getragen. Arztbrief und Wirklichkeit klaffen immer weiter auseinander; Angehörige lügen, dass sich die Balken biegen, nur um einen Platz zu ergattern und bieten zum Teil „Spenden gegen Platz“ an. Ein Arzt war wenigstens so anständig, die Hinlauftendenz und Fremdaggression vor der Neuaufnahme mit Rat zur Unterbringung zu erwähnen, was derzeit überhaupt nicht mehr selbstverständlich ist – wir sind ein offenes Haus, ohne diesen Hinweis hätten wir ein richtiges Problem bekommen – na danke. Steinerweichend die Ehefrau, die sagte, wir könnten ihren Mann auch in den Keller stellen, es würd reichen, wenn ab und zu mal jemand guckt, aber er müsse schnell aus dem KH und sie könne ihn nicht pflegen, Deku Grad 4, Taschenbildung, nekrotisch an den Rändern. Kein Wort mehr von palliativ in den Arztbriefen – und wir „dürfen“ seit Wochen so oft den Bestatter rufen, so oft kurz nach Heimeinzug den neuen Bewohner wieder zurück ins Krankenhaus schicken, wo er/sie dann verstirbt ………..von den Angehörigen, deren Verwandte seit Jahren in einer Einrichtung leben, gar nicht zu reden, die sich wegen der hohen Fluktuationsrate richtig Sorgen machen – wenn ich die Zeit, die ich derzeit ( befeuert durch die Medien ) damit verbringen muss, unsre Schutzmassnahmen zu erklären, nur einmal für die Bewohner übrig hätte – man, was hätten wir dann ne coole Besetzung! Wie oft kommen die Leute Freitags nachmittags aus dem KH und haben nicht mal Medis für 3 Tage mit und auch keine Rezepte? Klar, ihr vom KH seid nicht dazu verpfichtet … aber die Heime haben keine Ärzte in Bereitschaft und wenn es ganz blöd läuft sind auch noch Feiertage und der Mensch hat dann auch gern mal 5 Tage keine Medikamente, weil wir die gar nicht bevorraten dürfen und auch nicht von „andren nehmen“ ( wird auch gern vorgeschlagen ). Von BTM gar nicht zu reden. Okay, ich weiß, dass eine Unterbringung vom KH aus in die Heime sehr schwer geworden ist. Das liegt daran, dass diese seit der neuesten Gesetzesänderung nur noch zögerlich Verträge mit Patienten aus dem KH abschließen – Heimrecht im Sozialgesetzbuch, still und heimlich durchgesetzt und zum Nachteil der Heimbetreiber geändert. Vorher konnten die Heime Verträge abschließen, wenn ihr uns gemeldet habt: Aufnahme ab Tag x möglich, Betreuung und Sozialhilfe beantragt. Ab dem Tag lief der Vertrag und auch wenn sich der tatsächliche Einzug verzögerte oder jemand Zahlungsschwierigkeiten hatte, konnten wir einen gewissen Betrag garantiert abrechnen – die Zimmer frei zu halten, war also kein Problem. Seit Monaten schon gilt: Zahlung erst ab Einzugstag. Reservierung nicht mehr möglich und gefühlt wird es seitdem immer schlimmer, die Wartelisten immer länger und die Anfragen immer drängender. Die meisten Heime sind einfach voll und wer eine Chance auf einen Platz haben will, hat einiges vor sich. Im Voraus vorzulegen von einem Bevollmächtigten: gültige Vollmachten, bestenfalls von einem bereits vorhandenen Berufsbetreuer; eine dokumentenechte aktuelle Bescheinigung über die Freiheit von Infektionskrankheiten; eine Rentenübersicht sowie Kontoauszüge und Lastschriftmandat und einiges mehr. Fehlt etwas davon – wird die Aufnahme rigoros abgelehnt, es stehen viel zu viele hintendran und schon das alles zu Beschaffen überfordert die meisten. . Grund für diese Haltung: die Heime in Deutschland sitzen auf Millionen von Kosten, die durch zahlungsunwillige Kurzzeit-Bewohner; Kinder, denen Geld wichtiger war als die Eltern im Heim; Falschangaben; dem Nicht-Regeln von Behördengängen ect verursacht wurden und die alle über die Gerichte eingeklagt werden müssen, bezahlt häufig letzlich von Steuergeldern. Ich lebe in einer Großstadt, wir haben mehrere Kliniken hier, IS nirgends voll belegt, daher kann ich persönlich keinen Zusammenhang zu Corona entdecken ( wenn die Zahlen stimmen ) – und aus allen kommen trotzdem Hilferufe von den sozialen Diensten und Angehörigen, die absolut in keinem Heim mehr einen Platz finden ( und wir haben davon 36 offene und 3 mit gesetzlicher Unterbringung, also Platz für 10% der Gesamtbevölkerung der Stadt ist vorhanden, hat bisher locker gereicht ). Ist das nur ein lokales Phänomen? Kennt Ihr diese Häufung von „ich werd das Gefühl nicht los, dass die Krankenhäuser die Sterberate mit Gewalt verkleinern“ aus Eurer Gegend auch – und wenn ja, könnt ihr mir erklären, was zur Hölle gerade in den Kliniken los ist? Hat das Kostengründe? Platzmangel? Absoluter Personalnotstand? Dienstanweisung: Sterberaten drücken? Ich möchte keine Grundsatzdiskussion, ich möchte nur ehrlich wissen, warum so viele Menschen kurz vor ihrem Tod seit Neustem in die Heime verlegt werden sollen ( die nebenbei auch so schon überlastet sind, auch ohne wöchentlich mehrere SIS anlegen zu müssen, Sterbebegleitung zu leisten und Neueinzüge zu regeln, für die dann wenn´s dumm läuft auch noch eine Iso nötig ist ). Vielleicht hab ich auch nur ein Brett vor dem Kopf und mir fehlt ein Stück Wissen – ich bin auf jeden Fall für Erklärungen offen. Danke im Voraus!
Erschreckend. Und DANKE für diese Einblicke in die Niederungen des Alltags. Diese Beobachtungen schreien nach einem größer angelegten Forschungsprojekt, um die hier geschilderten Eindrücke mit Zahlen, Daten, Fakten zu hinterlegen und wenn diese Beobachtungen tatsächlich mehr sind als eine vielleicht zufällige Häufung von Ereignissen, dann auch eine größere Breitenwirkung zu erzielen. Und das ist ja das, was wir brauchen, damit sich was ändert.
Was mir an Möglichkeiten dazu einfällt:
Wenn man die Beobachtungen in kleinere Arbeitspakete aufteilt und mittelfristig denkt, könnten sich die aufgeworfenen Fragen zum Beispiel in Bachelorarbeiten systematisch bearbeiten lassen.
Vielleicht haben Sie eine Möglichkeit, an einer Hochschule, an der Pflegemanagement oder Pflegewissenschaft gelehrt wird, diese Fragen einzubringen. Oder Ihre PDL hat da Kontakte.
Vielleicht haben Sie Studierende bei sich im Haus, die noch auf der Suche nach einem Bachelorarbeitsthema sind. Die sollten das Handwerkszeug gelernt haben, wie sich da rangehen lässt.
Oder unter den Mitlesern hier sind Menschen, die noch auf der Suche nach einem Thema sind….
Fänd ich ziemlich spannend und superwichtig zu untersuchen.
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Hier fallen schon Vermutungen wie: die regulären Heime sind voll, die Geschlossenen sind ausgebucht auf Monate und die Kliniken werden die Patienten nicht mehr los – also schicken sie alle ins Heim, die vom KH aus irgendwie untergebracht werden konnten, egal in welchem Zustand. Die kommen zwar wahrscheinlich sofort wieder, aber dann haben die Patienten zumindest schon mal einen Heimplatz ( dann läuft ja der Vertrag ), falls sie nicht versterben. Macht einen grausamen Sinn.
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…Kenne ich noch. Seit 3 Jahren weg aus der Vollstationären und es wird schlimmer. Man hält diese Zustände nicht aus.
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Erschreckend real.
Ich dachte, dies gäbe es nur in Oberhausen.
Als eine düstere ‚Realitätsshow,‘ gestreamt als Serienfolge einer Staffel, die „Entlassungsproduktion“ seit Beginn der Jahrtausrndwende als Dauerbrenner auf der Arbeitsbühne brachte. Festgeschrieben als Highlight auf dem Spielprogramm und als moderne Pflegemanagement verkauft. Das pflegerische Subjekt wird zur wahre Wäre: 100% disponibel – vom Höckschen zum Stöckschen
Ich irrte mich offensichtlich: das Hinundhergeschiebe scheint eine infizierte Kalkulation zu sein, die fleissig Metastasen streut.
https://docs.google.com/presentation/d/e/2PACX-1vSKH1gfcgSLMxEhBe3iYP9VKB14PT9NzYbzd2qqdgmdUoGxCQQcqf4MgE39XiqA6GKkj2hK7siA6n9Q/pub?start=false&loop=false&delayms=3000&slide=id.gf7eb2771bb_0_29
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Wo sie recht hat, hat sie recht.
Ich habe auch immer mehr den Eindruck, daß Patienten „gehübscht “ in die Heime gezwängt werden
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Heftig… danke für diesen Einblick!
Ich finde es gut, wie schonungslos ehrlich du die Situation dargestellt hast. Natürlich ethisch nicht immer ganz okay, aber was man bei dir definitiv durchliest ist eine gewisse Art an Empörung und Wut über diese Weise, wie zutiefst morbide Menschen an Alterszentren „verkauft“ werden.
Ich kann dir aus meiner eigenen Erfahrung als Gesundheits- und Krankenpflegerin in einem Universitätsklinikum nur berichten: Du bist mit dieser Einschätzung vollkommen richtig. Im Fachbereich in dem ich vor einiger Zeit noch tätig war, sind nur salopp gesagt „ Lebende Untote“ ins Heim verlegt worden, um Platz zu schaffen. Der Fachbereich in dem ich tätig war, ist quasi für ein ganzes Bundesland zuständig und Überlastung ist da an der Tagesordnung gewesen. Was sich extrem in den Jahren zum negativen verändert hat ist die Kommunikation zwischen den Ärzten und Angehörigen bzw. auch den anderen Berufsgruppen, die unmittelbar für den Patienten im Sinne eines ordentlichen Entlassungsmanagements zuständig sind wie Sozialarbeiter, Pflegekräfte, Therapeuten usw. Ärzte holen sich nicht mehr die Meinung von dem interdisziplinären Team ein und wollen nur noch irgendwohin entlassen. Sozialarbeiter kommen ihrer Arbeit nicht hinterher, haben teilweise mit verhärteten Fronten zu kämpfen, wenn sie wieder einmal die Pflegekraft, die gerade vom Waschmarathon zurückkehrt um irgendwie diesen Bürokratischen Unsinn abarbeiten will, „Nerven“ müssen, um den Patienten zu Bartheln. Um sich sowas zu ersparen kommen dann völlig unrealistische Einschätzungen, weswegen dann ahnungslose Heime eine Unterbringung bejahen – zu eurem Leidwesen.
Während die Pflegekräfte in Kliniken nur noch kopfschüttelnd die Hände in die Luft heben, wie es sein kann, dass eben nicht einmal über eine SAPV Versorgung oder eine Unterbringung in ein Hospiz im Entferntesten gesprochen worden ist. Ich schäme mich, Teil dieses abgefuckten Systems gewesen zu sein. Es ist einfach gerade für diesen Menschen, der eine echt begrenzte Lebenserwartung hat, mehr als menschenunwürdig, von A nach B abgeschoben zu werden, nur um nochmal zu A zu kommen.
Ich glaube mich im Studium erinnern zu können, dass es erwähnt worden ist, dass dieser „Trend“ eintreten könnte. Sorry, eingetreten ist. Aber woran es genau liegt, habe ich leider vergessen…
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