Mansplaining „Schwangere in der Pflege“ oder „Guten Tag! Würden Sie uns bitte Ihr ungeborenes Kind opfern?“

Berufspolitik ist eigentlich wie Zentrale Notaufnahme. Du denkst jeden Tag, dass Du alles gesehen hast und dann kommt er doch wieder: der Hammer und es blutet unvermutet aus allen Ritzen. Heute blutet es aus meinen Augen, denn ich habe da was gelesen.

Als Mansplaining wird eine Erklärung bezeichnet, die ein Mann macht, der einer Frau erklärt, er wüsste, wie es (meist besser) geht, ohne dass er davon Ahnung hat. Es gibt viele merkwürdige Arten dieses Machtspiels, aber wahrscheinlich ist nichts so lächerlich wie ein Mann, der Dir Schwangerschaft erklärt. Doch damit nicht genug.

Birge Schlürmann ist ein Mann. Und was für einer. Seit Jahren erklärt er Menschen die Pflegewelt als Berater und Autor und setzt dabei auf Wirtschaftlichkeit. Ganz neu ist der Plot freilich nicht. Birge weiß auch, wie Schwangerschaft in der Pflege am Besten geht. Und er hat da ganz interessante Vorstellungen, die sich ungefähr so zusammenfassen lassen: „Dann machste halt n Neues.“ Aber von vorne.

Chirurginnen, so sein Artikel, die seien da anders drauf. Pflegende und Lehrer, die ließen sich ja sofort krankschreiben, aber Chirurginnen, die HÄTTEN DAFÜR GEKÄMPFT, möglichst lange am OP-Tisch stehen zu DÜRFEN!

Ja, Birge, das liegt an ihren schlechteren Karrieremöglichkeiten und daran, dass man gemobbt werden kann, wenn man schwanger ist. Dann kriegt man seine Facharztpunkte nicht und ist im Eimer. Das nennt man institutionelle Gewalt.

Birger schreibt: „„Gefühlt wurden schwangere Pflegekräfte vor allem in der Altenpflege zuletzt deutlich schneller krankgeschrieben als noch vor zehn Jahren“, meint ein Pflegewissenschaftler, der seinen Namen lieber nicht veröffentlicht sehen will. Der Experte vermutet eine Art „Schutzmechanismus“: Die Leistung von Pflegekräften stehe heute viel mehr im öffentlichen Fokus als früher, so dass Ärzte wie Arbeitgeber aufmerksamer geworden sind. Sie fühlten sich stärker verantwortlich für die schwangeren Frauen, wenn deren Wohlbefinden bei der Arbeit beeinträchtigt ist.“

Wer kennt ihn nicht? Den geheimnisvollen Dritten? Was Birge sagt? Scheiße, man kann heute nichtmal mehr mit Schwangeren machen, was man will. Ja, Birge, das leuchtet eigentlich jedem ein. Pflege ist so schwer wie ein Bauarbeiterberuf. Und wir sind heute nicht mehr in den Zeiten, wo jede Frau dem Pflege-Führer ein Kind gebären muss, das dann vom System aufgefressen werden soll. Es ist ok, sein Ungeborenes zu schützen. Zumal es nichtmal Elternschutzzeiten bei Fehlgeburten gibt. Dass Wirtschaftsgläubige das ganz blöd finden, das kann ich verstehen.

Aber Kinder Pflegender sind eh schon durch den Schichtdienst benachteiligt, da wirst Du erlauben, dass wir unsere Kinder wenigstens einigermaßen heil auf die Welt bringen, ja?

Aber Birger geht noch weiter. Der kennt gar keine Grenzen. Scheiß nämlich auf das ungeborene Kind. Das ist nämlich der Zeitgeist. „Pflegemanager und Organisationsberater Birger Schlürmann sieht die schnellen Krankschreibungen auch dem „Zeitgeist“ geschuldet: „Man achtet heute auf jede kleine Befindlichkeit, und die Ärzte haben Angst vor Schadensersatz. Früher hat man sich darüber nicht so viele Gedanken gemacht.“ Im Gegensatz zu den Chirurginnen, die dafür gekämpft haben, trotz Mutterschutz mehr und länger im OP arbeiten zu dürfen als bislang erlaubt, sei in der Pflege leider eine „Opferkultur“ verbreitet. „Das sind schon andere Mentalitäten“, sagt Schlürmann.“

An der Stelle muss man sich fragen, wo es da hakt. Mein Kind beschützen ist keine „Opferkultur“. Typen wie de sind lediglich sauer, dass Pflegende einfach nicht mehr bereit sind, Ungeborene auf dem Altar der Gesundheitswirtschaft zu opfern, das ist doch der Fakt an der Sache. Ich habe keine Ahnung, wie ein MANN von anderen Mentalitäten reden kann. Die Führungseben bedauert wohl, dass Pflege heute ihre rechte wahrnimmt. Ist schon blöd. Furchtbarste Arbeitsbedingungen, kaum Kollegen auf dem Markt und nun will die Ische auch noch gesund gebären.

Auch bei der Caritas, das sind die Kirchlichen mit der NÄCHSTENLIEBE, findet man das Fortpflanzungsgebot der Bibel eher lästig. „Heim- und Pflegedienstleiter Stefan Smolinka kennt „das Problem mit Schwangeren“ seit vier Jahren zwar nicht mehr: solange sei in dem von ihm geleiteten Altenheim St. Martin mit 69 Plätzen in Bad Orb (Caritasverband im Bistum Fulda) keine Pflegekraft mehr schwanger geworden.“ GEHT ES NOCH EIN BISSCHEN ÜBERGRIFFIGER???

Es. gibt auch gleich ne Idee. Schwangere sollen dokumentieren! „Die Heime haben Angst, dass die Schwangeren sich einen Keim einfangen.“ Dabei sei es „ausgesprochen sinnstiftend“, Schwangere in der Pflegedokumentation einzusetzen. „Die meisten Pflegekräfte stöhnen doch über die Dokumentationslast im Alltag. Da ist es wunderbar, wenn schwangere Pflegekräfte ihnen diese Arbeit abnehmen. Gerade in ambulanten Pflegediensten ist das auch völlig gefahrlos, denn sie haben dann ja überhaupt keinen direkten Kontakt mit Patienten.“

Ja, blöd nur, dass die Dokumentation derjenige machen muss, der am Patienten arbeitet. Was ist denn das für eine Qualität?

Man solle ja darauf achten, Schwangere entsprechend einsetzen zu können. „Dabei sollten alle Heime passende Konzepte für Schwangere parat haben, schließlich ist 80 Prozent des Personals weiblich.“ ICH GLAUBE, ES HAKT!

Mit Schwangeren lässt sich auch Geld sparen, wenn man sie im Büro einsetzt: „Wir nehmen die Schwangeren-Fälle mit in die Pflegedienst-Konferenz und fragen dann dort um, wo gerade ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist. Wenn dann zum Beispiel gerade eine halbe Büroassistenzstelle frei ist, dann bekommt die Schwangere diesen Platz und für ihre andere halbe Stelle erhält sie ein Beschäftigungsverbot. Die Klinik zahlt dann die halbe Stelle, den Rest zahlt die Krankenkasse.“

UND DAS IST DANN WOHL INSGESAMT DER MISOGYNSTE KRAM; DEN ICH JE GELESEN HABE!

https://www.pflegen-online.de/schwanger-arbeiten-das-geht-auch-in-der-pflege

Kleiner Witz am Rande: Das Magazin ist auch zuständig für da Kammermagazin RLP und für das des Deutschen Pflegetags. Wisst Ihr, woher der Wind weht, ja?

Warum Du Dein Krankenhausessen lieber isst und Dich schämst, anstatt es zu fotografieren und Dich zu empören! (ein Rant der Extraklasse)

Da war er wieder, dieser Twitter-Moment, bei dem ich und andere Pflegende aus der Haut fahren könnten.“Die Leserin 1982“ fotografierte ihr Krankenhausfrühstück. Ein Brötchen, ein Vollkornbrot, Käse, Marmelade. Und alle, alle kamen und empörten sich. 2101 Twitterer waren geradezu schockiert vom Anblick.

Eine Frechheit? Ist eigentlich nur, dass Dir das erst auffällt, als es Dich selbst betrifft!

Eine Frechheit sei das! Der GESUNDHEITSMINISTER solle sich das ansehen.

Krankenhaus- und Altenheimessen zu posten, ist in. Im Gegensatz zum Insta-Foodporn ist das gepostete Essen dabei immer das Symbol für kulinarische Impotenz des Gesundheitswesens, eine Vorwegnahme des eigenen Verhungerns, ein Symbol dafür, dass – ja, diese Kommentare sind reichlich – man den Ukrainern alles gönnt (besondere Kommentare unterlegen das mit Bildern von Hotelbuffets, die den Unterschied kontrastieren sollen), und die armen Deutschen verhungern, also klassistischer und rassisticher Kackscheisse und anderem Gedöns.

EPISCH war der Fall eines Kartoffelsalattoasts, den frecherweise eine ambulante Pflegende gemacht hatte (weil nichts anderes im Haus war). Die, so die Meinung, könne doch von ihrem privaten Geld der armen Omi mal ein Essen spendieren (so weit kommts noch!).

Was diese Bilder sagen? Sie sagen: „Oh je, ich wusste von Privatisierung der Kliniken und von Pflegemangel, aber es war mir am Arsch egal, solange ich nicht diesen Scheiblettenkäse fressen musste. Nun aber betrifft es mich und ich bin nahezu schockiert!“ Was das ist? Wohlstandverwahrlosung.

Jeder Hans und Franz weiß, dass der Tagessatz in Kliniken um 3, 80 Euro liegt. Zum Vergleich? 4,77 Euro beträgt der Tagessatz unter Hartz IV. Man muss nicht ausgesprochen gut rechnen können, um sofort zu verstehen, dass man in Kliniken also noch ärmer ernährt wird, als der Ärmste im Land. Und so, meine Damen und Herren, sieht das dann halt aus. Was habt Ihr gedacht? Dass da jetzt pochierter Lachs kommt?

Was die Empörungsposter nie erwähnen? Sie erwähnen nie, dass sie sich genau diesen Krempel ausgesucht haben, als der Service zur Abfrage durchs Zimmer kam. Was da also auf ihrem Tablett gelandet ist, ist genau das, was sie bestellt haben. Und was mich am Wütendsten macht?

Wer in der Lage ist, seinen Klinikfraß zu posten, der hat ein Smartphone, kann Arme und Beine bewegen (die Arme auf jeden Fall) und sollte, wenn ihm was nicht passt, einfach Lieferando anklicken und sich was bestellen. Die andere Möglichkeit wäre, sich vom Besuch ein Obst oder selbstgemachtes Essen mitbringen zu lassen. Aber nein, Dekaden lang hat man dem AOK-Versicherungskartenbesitzer eingetrichtert, dass eine Riesenklinik im Grunde nichts weiter ist, als das Alanya-Ressort auf Krankenkasse. Das, meine lieben Freunde, ist aber leider eine kleine Werbelüge. Wer nicht ausgesprochen dummbeutelig ist, der wäre da alleine drauf gekommen.

Es gibt akkurat zwei Dinge, an denen man in Kliniken sparen kann. Das Essen und das Personal.

Während es die Gesellschaft zutiefst erschüttert, dass sie nun die knappe Verweildauer lang ein Vollkornbrot zum Frühstück essen muss, ist es ihr weiterhin egal und völlig mumpe, dass, DAMIT sie dieses Essen überhaupt noch mit Joghurt und Kaffee und Wasser kriegen, draußen auf dem Gang die raren Pflegenden Polka tanzen, um den Marathon durch den Dienst zu stemmen. Davon macht aber keiner ein Bild, denn das interessiert genau keinen.

Die Schrippe, die Dir da nicht passt, hast Du aber trotz Pflegenotstand bekommen. Was das bedeutet? Das bedeutet, dass Du trotzdem alle Verbände bekommen hast, Dir bei der Körperpflege geholfen wurde, Dein Bett gemacht, Deine Pillen gestellt und Deine Vitalzeichen überwacht. UND DAS IST EIN WUNDER! Also weine nicht über drei Tage Vollkorn, sei dankbar, das so viel Kapazität da war, dass sie Dir den Krempel überhaupt noch gebracht haben.

Mich regt dieses ignorante Getue nur noch auf. Da sitzt Du mipm Arsch in einer Streikwelle und heulst über Dein 3, 80 Essen und neidest Geflüchteten den Sozialsatz. Ich drücke das mal so aus. Wärst Du mit Deinem damals noch gesunden Körper auf die Straße gegangen und hättest zusammen mit anderen für eine bessere Gesundheitsversorgung demonstriert, müsstest Du jetzt nicht denen, die nichts mehr haben, für drei Verweiltage die Summe von 80 Cents neiden. Was läuft bei Euch nur im Kopf schief?

Seit Jahren sagen Pflegende, dass sie die Versorgung nicht mehr aufrechterhalten können. In Altenheimen rühren sie die Pampen nur noch mit Wasser an, um Milchpulver zu sparen, und Du weinst jetzt echt darüber, dass Dir die Scheiblette nicht passt? Lord, ich sage Dir: es kommt der Tag, da ist diese Scheiblette der Himmel für Dich! Weil?

Hey! Surprise! Noch schlechter, weil noch gewinnmaximierter, wird Dein Essen im Alter aussehen, wenn Du erst in einer der Ketten Dein Dasein fristest. Aber das interressiert Dich nicht. Nur: dann haste keine Chance, Dir auch noch das kleinste Marmeladeglas zuzukaufen.

Ich habe ne gute Idee. Statt Dich zu empören, schäme Dich einfach. Schäm Dich, dass Dir das Debakel erst aufgegangen ist, als es Dich selbst betroffen hat. Schäm Dich, dass Du noch nie darüber nachgedacht hast. Preise den Herrn, dass Du kauen kannst und nicht via Magensonde am Nutritropf hängst. Zeitgleich nämlich schreiben Journalisten, dass es gemein wäre, dass Pflegende für DEIN BESSERES ESSEN UND FÜR DEINE VERSORGUNG auf die Straße gehen, weil Du keinen Bock darauf hast. Schäm Dich einfach.

Oder iss es einfach nicht. Aber tu nicht so empört, denn das zeigt nur, dass Du einfach nicht verstanden hast, worum es geht.

Ach ja, den Gesundheitsminister juckt das nicht. Dass Du nichtmal das weißt, ist spätestens schämenswert. Kliniken sind privatisiert. Nicht mehr staatlich. Dazu habt Ihr alle um 2000 rum gevoted. Mit JAAAAAA! Was haste gedacht, kommt dabei raus, wenn man staatliche Einrichtungen gewinnmaximiert? Biogemüse und frisches Spiegelei? Lol.

Während Du da feist rumknipst, denk an all die, die das nicht mehr können und nie tun konnten. Die, die den Murks jeden Tag essen müssen. Und – auch wichtig – denk dran: Auch Du wirst demnächst dazugehören. Ob da noch jemanden da ist, der Dir wenigstens das bringt, steht allerdings in den Sternen. In Asien zum Beispiel kochen die Angehörigen, wenn man was essen möchte und sie waschen einen auch, wenn man gewaschen werden will. Das ist da nämlich keinesfalls Pflege. Du hast genau zwei Möglichkeiten: geh auf die Straße und kämpfe für Deine Gesundheitsversorgung oder: Löffel dir Suppe aus, die Du Dir (durch politisches Nichtstun) selbst eingebrockt hast. Im wahrsten Sinne.

Reformen gehen nicht – wegen Krieg und Pandemie – sagt Pflegebevollmächtigte Moll. Da fangen wa gleich an :-D

Um 1920 schrieb Otto Reuter das Lied vom „gewissenhaften Maurer“. Der würde gerne das Haus zu Ende bauen. Aber es geht nicht. Erst passt die Uhrzeit nicht, dann schafft er es nicht zur Arbeit, dann ist Pause und Lust hat er eh nicht. „Da fangen wa gleich an“. Wer das Lied nicht kennt: Bitteschön

Pflegereform war 1992. Als die ganzheitliche Pflege eingeführt wurde. Krohwinkel. Man kennt das. Aber dann war die Pflegeversicherung da und keine Möglichkeit mehr, sie einzuführen. Man wollte ja. Aber dann war Wiedervereinigung. Kein Geld da. Und dann war Wirtschaftskrise. kein Geld da. Und dann war Privatisierung. da war eigentlich nichts mehr da. Stetig da war eigentlich nur der Pflegenotstand. Seit mindestens 1920.

In der Pandemie haben Manager erklärt, jetzt solle Pflege sich mal beweisen, dann würden die Veränderungen kommen. Die Idee, dass man sich zu beweisen habe, war eigentlich schon verrückt genug, um laut zu lachen (Pflege beweist ich seit Jahrzehnten), aber wo sind nun die Veränderungen?

Die gehen gerade nicht, sagt Moll. Wegen Pandemie und so. Und wegen des Kriegs. Als sie 100 Milliarden für Waffen beschlossen haben, da haben wir uns gleich gedacht, dass irgendwas dafür eingespart werden muss. Aber Waffen, da waren gleich alle dafür. Nun ist also klar, woran gespart wird. An der Pflege. Ist klar, die betrifft ja wieder mal keinen mehr. Da lässt es sich sparen.

2030 tritt der Kipppunkt ein. Ab da ist der demographische Wandel ein Point of no return. Zur Erinnerung, weil ich es auch nicht immer vor Augen hab. Das sind noch 8 Jahre.

Später, ja später, sagt Moll, würde da noch was kommen. Wie bei Otto Reuter also: „Da fangen wa gleich an!“.

Moll, die Missstände ja nie erlebt hat und die findet, es gäbe quasi auch keine, wenn man nur über die schönen Seiten der Pflege berichtete, findet also, man habe noch Zeit. Dass es keinen was angeht, findet auch der Deutsche, für den die Pandemie jetzt vorbei ist. Das läuft nämlich so: solange man keine Pflege braucht, schert sie einen nicht. Braucht man. sie dann, schreit man rum, sie stünde einem zu.

Es wäre völlig ok, sich mal wieder verarscht zu fühlen. Verraten und verkauft. Es ist nicht die Pandemie, die Reformen verhindert. Für die nächste Welle, die bestimmt kommt und für die nächste Pandemie und den demographischen Wandel braucht Deutschland sie sowieso. Sie nicht zu reformieren ist, als wenn man keine Autoreifen mehr hat, und nun auf der Felge fährt. Aber neue Reifen gehen nicht, weil man dringend neue Scheibenwischer braucht. Beides hat miteinander nichts zu tun. Aber hey, was wissen wir schon. Normalerweise gehen die Entwicklungen von Pflege und der Krieg immer Hand in Hand. Man braucht schließlich wen, der die Verwundeten versorgt. Dies ist der erste Krieg, in dem das nicht passiert. Das ist kurzsichtig, dumm und geschieht auf dem Rücken der Pflegenden genauso wie auf dem Rücken der Bevölkerung.

Parkbänke gibt es kaum noch, Pflege gibt es kaum noch. Die Konzerne verdienen, der öffentliche Raum verkommt. Ganz sicher fangen se gleich an. Solange gibt es halt für die Pflegebevollmächtigte nichts zu tun. Spätestens bei der nächsten Wahl werden sie wieder sagen, dass die Pflege so schlecht dran sei. Mit er wirbt die SPD ja für jeden Wahlkampf. Sie tut nur nichts. Ähnlich wie die Grünen, die sich auch bedeckt halten, aber immerhin Influencer am Tag der Pflege umsonst für sich arbeiten lassen wollten. Vong Respekt für die Pflege her. Hahahaha.

Ich weiß nicht, wann sie aufgehört haben, Pflege und Gesundheit intelligent zu veräppeln. Was sagt Ihr dazu? Fühlt Ihr Euch auch so verhohnepipelt ?

Aber die Story beleidigt irgendwie meine Intelligenz.

„Was ist eine Frau?“ Über die vielleicht absurdeste Debatte aller Zeiten. Und weshalb sie gefährlich ist.

Auf Twitter debattierte man sich die Tage die Finger wund. Ok, das passiert auf Twitter jeden Tag, aber diesmal war es vergleichsweise abwegig. Unter dem Hashtag „Was ist eine Frau?“ warf jeder seine zwei Cents in den Ring. Der Grund? Die Frage war: Sind Transfrauen Frauen?

Und von vornherein: diese Debatte ist vermint, wird keinesfalls sachlich geführt und hat ihre Tücken.

Schon die Grundfrage, „was“ eine Frau ist, sollte jede Frau dazu bringen, einen Rundumschlag an virtuellen Backpfeifen auszuteilen. Was – das ist eher neutral und hat mit Person ja erstmal nichts zu tun. Die richtige Frage wäre also gewesen: WER ist eine Frau? Aber was weiß ich schon? Die Meinung darüber ist gespalten. Es gibt die Verfechter der Position, dass jeder Mensch, der sich als Frau identifiziert, eine Frau ist. Eine der bekanntesten Frauen, von der wir das derzeit wissen, ist Frau Tessa Gansener, Politikerin der Grünen und über die Frauenquote in den Bundestag gekommen. Die Debatte entzündet sich bei ihr oft daran, dass sie weder ihren Personenstand geändert haben soll, noch eine angleichende Operation erwägen soll. (Die Konjunktive sind beabsichtigt. Ich habe Freundinnen und Freunde, von denen ich weiß, dass sie diesen Weg gegangen sind. Ich weigere mich strikt, sie nach ihrem Perso zu fragen, oder in ihre Unterhosen als quasi Beweis zu gucken. Wer tut sowas?)

Dann gibt es die gegenteilige Position. Die nennt man TERF (Trans-ausschließender radikaler Feminismus). Das sind Frauen, die sagen: Naja, wir waren mit den Frauenrechten noch nicht so weit. Nun kommen Männer, die sich als Frauen ausgeben und die bedrohen unsere Rechte, weil sie sich quasi ungehindert unter uns mischen und über uns mitbestimmen können.

Zwischen diesen beiden Polen existiert NICHTS.

Spannend an dieser Debatte ist aber, wer dann die Deutungshoheit übernimmt. Und das sind (hier einen Tusch einfügen), Menschen (ich vermute meist Männer) mit einem derart rückständigen Frauenbild, dass es selbst unseren Uromas eiskalt den Rücken herabgelaufen wäre.

WTF?

Das Problem daran? Besonders rückständige Frauenbilder finden sich vermehrt in der rechten Szene. Ab da ist klar, dass diese Debatte sich keinesfalls einzig zwischen den Frauen abspielt, sondern dass da jeder seine zwei Cents in den Ring werfen möchte.

Was das mit Pflege zu tun hat? ABEDL 10 Krohwinkel hat die Identifikation als Frau und oder Mann zum Thema. Es ist also Aufgabe der Pflegenden, diesen Diskurs zu beherrschen und das nicht nur im Hinblick auf Rollen, die durch Krankheit beschädigt sein können und viel Fingerspitzengefühl bedürfen, wie beispielsweise Haarausfall, Krebs, Mammaamputation..etc. , sondern auch die Frage nach einer geschlechtsangleichenden Operation oder das Einleiten einer solchen bedürfen der Pflege. Gerade in der so vulnerablen Zeit, wenn der Personenstand noch nicht geändert wurde, oder der Name noch nicht offiziell geändert wurde, kann es schnell dazu führen, dass man die Personen mit ihrem Deadname anspricht. Das ist für die Patient*innen äußerst verletzend. Ähnlich verletzten ist es, sie mit dem falschen Pronomen anzusprechen. Nun wissen wir aber alle, wie hart der Zeitdruck wirkt. Was auf den Papieren steht, wird angenommen. Deshalb passieren solche Verletzungen immer wieder. Kliniken unter Hochdruck sind wahrlich kein Safespace dahingehend. (Gerne würde ich dazu ja mal ein Interview führen, seufz).

Aber je mehr Transpersonen gesellschaftlich unter Druck stehen, desto weniger werden sie darüber reden. Schon gar nicht mit Pflegenden unter Hochdruck. Ein Teufelskreis.

Was bei beiden Positionen völlig verlorengeht? Selbstverständlich steht der Annahme eines Menschen, der sich als Frau identifiziert nichts im Weg. Verloren geht aber bei „jede, die sich als Frau identifiziert, ist eine Frau!“ eine ganze Sparte der Medizin und Pflege, über die viel zu wenig gesprochen wird. Biologie und zwar die ganz schnöde Biologie, bestimmt sehr wohl über den medizinischen Werdegang eines Menschen. Jungs haben viel häufiger kindliches Asthma als Mädchen, Frauen haben andere Symptome beim Herzinfarkt als Frauen, weshalb der bei ihnen häufiger übersehen wird und sie häufiger daran sterben. Frauen werden anders medikamentiert als Männer, weil sie bestimmte Medikamente (Betablocker zum Beispiel) anders verstoffwechseln. Medikamente werden noch immer zumeist am männlichen Körper getestet. Diese Sparte der Medizin nennt sich Gendermedizin. Und sie ist total wichtig, um Menschen beiderlei Geschlechts eine gute Versorgung gewährleisten zu können. Frauen sind dabei viel zu häufig hintern runter gefallen.

Die Sprachregelung „jeder, der sich als Frau identifiziert, ist eine Frau“ ist also, medizinisch gesehen, schwierig. Reden die Beteiligten nicht darüber, dann kann es zu Fehldeutungen von Symptomen und schlechter Einstellung von Medikamenten kommen. Letztlich kann das den Tod der Betroffenen bedeuten. Wird aber zwischen den beiden Polen der geltenden Lager alles, aber auch alles ideologisch weggeblockt, ohne die Debatte zu versachlichen, dann wird dieses Thema zum Tabuthema. Auch das kann im schlechtesten Fall Leben kosten, Prävention unmöglich machen.

Schon nichtbetroffene Menschen haben den Anteil, den Pflege im gesellschaftlichen Leben hat, nicht auf dem Schirm. Gendermedizin und entsprechende -pflege kann nun also nicht mehr wertfrei angesprochen werden, ohne dass sie in den Geruch kommt, TERF zu sein, weil sie, obwohl das keine Rolle spielen soll, leider doch biologisch argumentieren muss, um eine gute Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. TERFS wiederum können diesen Part der Versorgung ideologisch instrumentalisieren. Das ist unendlich bedauernswert. Bedauernswert ist auch, dass auch Ärzte und Ärztinnen, Pflegende und ihre Anrainerberufe Gendermedizin selten im Blick haben.

Fakt ist, dass wir als Pflegende diese Pflegeproblematik offen ansprechen müssen. Ja, wer sich als Frau identifiziert, ist eine Frau. Im schlimmsten Fall hat das Negieren der Biologie offenbar Konsequenzen, an denen niemandem gelegen sein kann. Wie damit umgehen? Ich würde mich zu gerne einmal mit Betroffenen darüber unterhalten. Einfach, damit wir verstehen können, wie diese Gratwanderung gelingen kann.

Aber das ist in der Hitze der Debatte wohl derzeit nicht möglich.

Wenn wer mehr weiß… ich freue mich auf Infos.

LongCovid Reha? Nicht für Pflegende!

Während der Pandemie dachte ich, ich hätte wirklich alles gesehen, was es an Diskriminierung von Pflegenden zu sehen gäbe. Benachteiligung, weil man nichts ins Homeoffice durfte, unzureichendes Schutzmaterial und wie die Fliegen sterbende Kolleg*innen, weil es einfach niemanden scherte. Schließlich wurde ja die Aufopferung Pflegender beschworen – und die meinten das ernst.

Hunderttausende aus den Gesundheitsberufen infizierten sich. Ungeklärt viele bekamen nach der Infektion LongCovid Symptome. Müdigkeit, Einschränkung der Merkfähigkeit und andere, weitreichende neurologische Symptome.

Es ist klar: wer diesen Marathonlauf in der Pflege durch die Pandemie mitgemacht hat und selbst erkrankte, der braucht eigentlich sofort Hilfe. Nicht nur aus medizinischen Gründen, sondern auch, weil er sich die Gesundheit ruiniert hat, während alle im Homeoffice vor sich hinchillten, sicher und versorgt mit Klopapier und allen Pastasorten, die da Herz begehrt.

Jetzt gibt es ASAP. Nein, das heisst nicht „as soon as possible“ sondern „Assistierte sofortige augmentierte Post/LongCovid Plan“. Eine Studie, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (!!) will jetzt helfen.

Menschen, die im Alltag kaum funktionsfähig seien, sollen deshalb an einer Studie teilnehmen. „Wir suchen nach Studienteilnehmer:innen im erwerbsfähigen Alter (18-60 Jahre), die in Bayern wohnhaft sind, an COVID-19 erkrankt waren und seitdem Symptome haben bzw. neue Symptome auf die Infektion mit SARS-CoV2 zurückführen. Dazu zählen zum Beispiel anhaltende Erschöpfung, ein fehlender Geruchssinn oder auch psychische Beschwerden.“

Der Haken? Will man teilnehmen, dann muss man folgende Bedingungen erfüllen:

  • Sie sind zwischen 18 und 60 Jahre alt 
  • –Sie hatten eine vermutete oder nachgewiesene COVID-19-Erkrankung 
  • –Sie kommen aus Bayern 
  • –Sie wurden aufgrund Ihrer (Post-/Long-COVID-)Symptome noch nicht oder nur unzureichend versorgt 

Und: man darf unter keinen Umständen aus dem Gesundheit-oder Pflegebereich kommen!

Bitte was??

Ja, so habe ich auch geguckt. Die, die am meisten für die Gesellschaft getan haben, die sind bei dieser Studie nicht erwünscht. Warum? Das erzählen die Forscher aus der Studie nicht. Keine optimale Unterstützung für Bayerische Pflegende also. Ob da wieder das Wort Holletscheks gilt „Vergelts Gott sei auch keine schlechte Währung!“? Man weiß es nicht.

Was der Benefit der Teilnehmer ist? „Dr. Cordes betreut das ASAP-Projekt in der Dr. Becker Kiliani-Klinik.  „Die Patienten werden danach unsere Klinik mit klaren Empfehlungen für die weitere Behandlung verlassen“, so Dr. Cordes. Das könne z. B. eine stationäre Rehabilitation sein oder Empfehlungen für ambulante Maßnahmen wie Bewegungstherapie, Atemübungen oder psychotherapeutische Betreuung. Während der gesamten Projektlaufzeit begleiten Lots:innen die Teilnehmer:innen und stehen ihnen für Fragen zur Verfügung.“

Außer, man ist aus der Pflege. Oder dem Labor. Oder war sonstwie mit Covid konfrontiert.

Ob man gar befürchtet, mit echten Daten von Pflegenden konfrontiert zu werden, die sich, obwohl sie nicht mehr können, trotzdem immer zur Arbeit schleppen? Man weiß es nicht.

Man weiß auch nicht, weshalb Laboranten davon ausgenommen wurden oder wie genau sich Wohlfahrtspflege definiert. Sicher ist nur: Das hier wird – paradox – zwar vom Ministerium für Pflege initiiert und unterstützt, aber IHR seid (mal wieder) nicht gemeint.

Ich darf das verdächtig widerlich finden, solange man mir nicht den Grund sagt, weshalb es nun auch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei LongCovid gibt.

Und deshalb: Nein, ASAP unterstütze ich as soon as possible nicht.

Es ist mir ein Rätsel, weshalb die Presse da nicht nachfragt oder gar die Studienleiter das alles erklären. Vielleicht, weil man glaubt, Nurses fänden das eh nicht raus. Vielleicht, weil man glaubt, Nurses seien tatsächlich besser beim Arbeiten als bei einer Rehabilitationsmaßnahme aufgehoben.

Ich verstehe, weshalb man Adulte dafür sucht. Aber ich verstehe die Diskriminierung von Pflegenden als Ausschlussgruppe nicht. Ich will sie auch gar nicht verstehen. Ich will schlicht, dass es sowas nicht gibt. Ich will, dass die, die sich den Arsch für uns aufgerissen haben, die bestmögliche Behandlung bekommen. Sie bekamen schon kein Geld und kein Frei. Nun bekommen sie auch keine Chance. Mit welchem verdammten Recht eigentlich ist Dein Leben und Deine Gesundheit nichts mehr wert, wenn Du in der Pflege bist?

Die eigentlichen Bedingungen lauten also: Wenn du hinter Klopapiermauern Covid bekommen hast, dann komm gerne her. Kommst Du aber aus der Gesundheitsversorgung, dann geh arbeiten, vergelts Gott. Wir brauchen Dich am Bett und nicht bei der Rehabilitation.

Und vielleicht kommt mir da ein bisschen Kotze hoch.

Der Abgesang der Pflege in Moll – oder: weshalb mir die Pflegebeauftragte Moll so unfassbar auf die Nerven geht!

„Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist der Satz, bei dem ich steil gehe. Er kommt gleich nach: „Es war doch nicht ALLES schlecht!“ und steht für mich für Situationen und Menschen, die einfach so unbeweglich im Kopf geworden sind, dass sie mental am Rollator laufen müssten.
Ich gehöre nicht zu den Leuten, die die Apothekenrundschau konsumieren, aber diesmal kam ich nicht dran vorbei. Die Pflegebeauftragte gab dort (oder wars die Ärzterundschau? Irgendeine gesundheitliche Bäckerblume halt) ein Interview.

Es sei doch nicht alles schlecht! SIE habe nie irgendwelche Missstände mitbekommen! IN ALL DEN JAHREN NICHT! Und: Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Und dann habe ich nicht verstanden, weshalb nicht alle die Kittel in die Ecke geschmissen und mit einem lauten „Macht Euren Scheiss doch alleine!“ die Tür hinter sich zugeschmissen haben. WAS ZUR VERDAMMTEN HÖLLE!?!?!?! Und, falls jemand meine Spucke gesehen hat – sie ist seitdem weg.

Deshalb hier ein kleiner Rant.

Alter Verwalter. Ich wusste vom ersten Moment an, weshalb mich das dauergewellte, mittelalte Pflegewunder der SPD so unglaublich an Schwester Renate von „Klausis Stricklädchen“ erinnert!

Renate von Klaus (Klaus Petereit)

Da kommt nix bei rum. Während woanders Studien über „Nurses eat theyr young“ laufen, sind 2022 Lehrjahre eben noch immer keine Herrenjahre und wenn Schwester Renate aka Claudia Moll das sagt, dann sind die Flachzangen, die schreiend aus dem Beruf stürmen, offenbar einfach nur völlig verweichte Mimosen, die einfach nicht gerafft haben, dass es zum Job gehört, sich ausbeuten, an den Hintern fassen und abservieren zu lassen. Denn: Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Ich möchte etwas nehmen und werfen! Die paternalistische Höllenscheisse zu einem Klumpen formen und sie der Pflegebevollmächtigten in die Haare schmieren, weil sie selbst offenbar nicht ersteht, wohin diese rückwärtsgewandt Grütze hingehört. In den Müll der Zeitgeschichte.

Es war doch nicht alles schlecht? Doch, Claudinate! Es war seit Jahrzehnten ALLES schlecht! Und wenn Du, Genossin, das nicht mitbekommen hast, in 30 Berufsjahren: keine Dekubitus, keine Verwahrlosung, keine Burnouts, keine Mangelernährung und keine gefährliche Pflege, dann – das MUSS die einzige Lösung sein – hast Du nach dem Umziehen Deinen verdammten Wandschrank nicht verlassen oder – die einzige Alternative – irgendwer hat Dir jeden Morgen Pflegeschaum auf die Augen gesprüht und Du KONNTEST nichts mitbekommen. Wie kann man eigentlich so (dumm)dreist Wähler, Patienten und Kollegen anlügen?? Da draußen ist nichts, aber auch gar nichts, wie es sein sollte. Und wenn die Pflegebevollmächtigte das nicht gerafft hat, dann kann, abseits vom mangelnden Willen, nur maßlose Inkompetenz bezüglich der systematischen Mangelwirtschaft der Grund sein. Offenbar hat sie das eigene System nicht gerafft, nie ein Buch gelesen. Weshalb macht man solche Menschen zu Politikern?

Dabei war die SPD angetreten, um „gute Pflege“ (gute! nicht etwa sehr gute oder die Beste oder exzellente) zu erreichen. Und nun setzt sich Renate hin, beschwört ein paar Formeln aus den 1970ern und fertig ist die Laube? Nach der Pandemie und bei fast 10 Millionen unabgegoltenen Überstunden in der Altenpflege ist alles Friede, Freude, Eierkuchen?

Pflege „mit Herz und Hand“ möchte sie. Bloß nicht mit Hirn! Herziherzi- ich möchte .. was werfen. Ich habe mich gefragt, weshalb man, bzw. sie, so einen Unsinn erzählt. Und ich komme nur auf eine Lösung. Während die Ampel plus Lauterbach fröhlich die Kinderdurchseuchung laufen lässt und Corona zwar gefährlich aber eigentlich schnurzpiepegal ist, dreht sich Claudia offenbar in ihrem Bürostuhl singend um die eigene Achse und freut sich. Anders kann das nicht sein.

Ich weiß sogar, was sie singt. Es muss die Deutschlandhymne sein. Und dazu fällt mir nichts weiter ein, als Schwester Renate. Wie ich darauf komme? Wer als einziges nicht akademisiertes Pflegeland noch von „Herz und Hand“ spricht, der kann einzig und allein die Hymne summen. Nur da kommt „brüderlich mit Herz und Hand“ vor. Offenbar hat die Apothekenrundschau die Interviewanfrage mitten beim fröhlichen Liederreigen gestört. Und dann dachte sie sich: „Deutschland zahlt mir fürs Nichtstun so viel Schütte, das finde ich…..“

Vorzimmer von Frau Moll : „Frau Moll? Die Apothekenrundschau fragt, wie Sie die Pflege gestalten wollen?“

Frau Moll:“ …. mihit Herz uhund Haaaaaand!“ (blüüüüh im Glanze dieses GLühüüückes….)“

Vorzimmer: „Ich richte es aus!“

*dreht weiter Karussellrunden auf dem Bürostuhl*

Und dann war sie fröhlich und dachte sich: es war doch nicht alles schlecht.

Und vielleicht, das ist das schlimmste daran, ist das sogar weniger geträumt, als ich glaube.

Das ist sie also, die Arbeiterpartei, bei der sich die Arbeiter einfach nicht so haben sollen und wo früher alles viel besser war. Lehrjahre sind halt keine Herrenjahre.

Warum nur will niemand in der Pflege arbeiten? Ich komme nicht drauf!

100 Milliarden für Waffen, eine Gedenkmünze für die Pflege

Es war der erste Satz der Pandemie. „We are at war!“. Der ist zwei Jahre her. Damals, als man Kriegssprache benutzte, um die Dramatik der Pandemie hervorzuheben, standen (und stehen bis heute) Pflegende an der „Coronafront“, stellten sich dem personifizierten Virus-Feind entgegen. Sie würden Helden sein, sagte man. damals. Im Bundestag. Eine Milliarde verteilt man seitdem notdürftig und ungerecht auf die einzelnen Köpfe, die die Last der Pandemie getragen haben und sie immer noch tragen. Auf die meisten regnet davon: nichts. Sie sind MTAs, anderweitig Angestellte. Man bat damals um Geduld. Danach, ja danach würde sich etwas ändern. Dass das Gesundheitssystem marode ist, das sah man damals. Gehandelt wurde nicht.

Das ist zwei Jahre her. Geändert hat sich nichts.

Fünft Tage hat Putin gebraucht, um Europa in ein erneutes Chaos zu stürzen. Wieder sind wir „at war“ und es ist unzweifelhaft, dass die Ukraine Hilfe benötigt. Dass die Bundeswehr marode ist, das sieht man jetzt und es dauerte genau eine Woche, da stehen 100 Milliarden bereit, um Waffen zu kaufen, für die, die die Helden der Pandemie nun ablösen.

Neue Helden braucht das Land.

Die Demokratie sei gefährdet.

Die Demokratie ist auch hierzulande gefährdet. In nur zwanzig Jahren werden zumeist Frauen an einem freien Leben nicht mehr teilnehmen können. Sie werden ihre Angehörigen pflegen müssen. Sie können sich dann ihr Leben nicht mehr aussuchen.

Menschenleben seien gefährdet.

Missed Nursing Care und Nosokomialinfektionen kosten bis zu 30.000 Menschenleben pro Jahr in diesem Land. 270 Pflegende sind in der Pandemie gestorben.

Bildung, Kultur, Hartz. Nie ist Geld da. Aber Bildung, Pflege und Kultur, das ist nicht das Gleiche wie Waffen. Waffen sind Wirtschaft. Nun, die Pflege ist die zweitgrößte Wirtschaftsbranche des Landes. Aber sie ist Investitionen und Veränderungen nicht wert.

Realer als die Vorstellung, Putin könnte am Brandenburger Tor auftauchen, ist die Tatsache, dass Menschen sterben, weil unsere Gesundheitspolitik nicht belastbar ist.

Coronas Spätfolgen, LongCOvid, die versäumten Therapien durch Corona in den Psychiatrien, die Burnouts, die Berufsfluchten, die Depressionen…. sie sind genauso am Horizont zu sehen. Aber sie interessieren niemanden.

Warum?

Der Soldat per se kämpft nicht gegen eine Gedenkmünze. Er ist zumeist männlich. Frauen, die an der Gesundheitsfront seit Jahrzehnten um Menschenleben kämpfen, sind weiblich. Sie brauchen offenbar dazu kein Equipment, keine Personalstärke. Sie haben ja ein gutes Herz und ihre Berufung.

Die Bedrohung durch Krieg fühlt der Bürger ganz real. Die Bedrohung durch eine Nosokomialinfektion oder Personalmangel zu sterben – wie er überhaupt nicht gerne ans Alter denkt- die interessiert ihn nicht. Das sollen andere regeln.

Von Übernahme bettlägeriger Ukrainer war die Tage auf Twitter zu lesen. Das ist witzig. Denn in die Zustände hier möchte man niemanden wünschen, zu kommen.

Jedesmal, wenn man dem Gesundheitswesen Hilfe versprach, kam was dazwischen. Das letzte Mal die Wende. Nun ist es wieder ein Ost-West-Konflikt, der die Politik die Veränderungen im Gesundheitswesen vergessen lässt. Versprechungen, das sind Worte, geschrieben in den Küstensand bei Nebel. Nun sind sie dahin und niemanden interessieren sie mehr.

Wieder soll die Pflege durchhalten. Bis zum Nächstenmal, wenn sie wieder systemrelevant sind.

Einhundert Milliarden Euro!

Und alle sind ganz glückselig vor Waffentaumel. Niemand hat Lust, das zu hinterfragen.

Es ist, so verstehe ich das, nicht so, dass wir mit den Waffen für einhundert Milliarden den Ukrainern beistehen. Ganz im Gegenteil. Wir rüsten also auf für den Eventualitätssfall. Aber es lässt ich gut verbinden, es scheint zu logisch: Man muss jetzt aufrüsten.

Nicht logisch schien es, Geld für das Gesundheitssystem locker zu machen, es aufzurüsten.

Wofür? Nun, nicht nur für den Normalitätsfall, sondern auch für weitere Pandemien, für Kriege und für die Daseinsfürsorge.

Atomstrom ist die neue Nachhaltigkeit.

Krieg ist der neue Frieden.
Wer das nicht unterstützt, der, so scheint es, steht nicht mit der Ukraine.

Das ist absurd, weil die Ukraine eben von der Aufrüstung nichts hat.

Aber die Wirtschaft, die durch die Pandemie am Boden lag, hat jetzt einen Auftrag: einen für 100 Milliarden. Der Ukrainekrieg hat also schon jetzt manche finanziell gesundgestoßen.

Pflegende haben eine Gedenkmünze und einen Lavendel bekommen.

Ich bin sehr gespannt, ob im nächsten Sommer ein einzelner Lavendeltopf für die Soldaten gepflanzt wird, oder ob man sich das politisch nicht traut.

Frau sein und pflegebedürftig – geht das? Nein!Denn das pflegebedürftige Frau-sein wird von Männern definiert.

Seitdem ich mein biologisches Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht habe, achte ich ein bisschen besser auf mich. Das manifestiert sich vor allem in dieser Sache, die man Pflegeroutine nennt.

Pflegeroutine, das ist außerhalb der professionellen Pflege ein Begriff, der dafür genutzt wird, anzuzeigen, was man täglich mit sich, aber vor allem mit seinem Gesicht anstellt, damit es als gepflegt gilt. Youtube ist voll von solchen Videos, die Pflegeroutinen zeigen. Keines dauert unter einer halben Stunde. Das dauert eben. Meine Pflegeroutine, die ich hier nicht im Video zeige, weil das Leute verstören könnte ( 😉 ), sieht etwa so aus.

Mit einem Waschschaum wird das Gesicht vorgereinigt, dann benötigt es einen Toner, also ein Gesichtswasser, am besten Mizellen, damit die Haut Feuchtigkeit bekommt. Darüber kommt ein Serum, eigentlich zwei, denn die Augenpartie und der Rest des Gesichts benötigen verschiedene Produkte. Danach gibt es eine Tagescreme, die gerne auch einen Lichtschutzfaktor hat. Danach braucht die Haut erstmal ein Minütchen Pause. Ist das vollbracht, dann wird es Zeit für den Primer, die Foundation, und die dekorative Kosmetik.

Und das ist nur der Morgen.

Am Abend muss das alles wieder runter, es benötigt einen weiteren Toner, eine Abendcreme und dazu noch Säurepeelings, Masken und auch mal Pads für unter den Augen.

Nein, das ist kein Stück überzogen. Im Alter hat die Haut andere Bedürfnisse. Die hat sie nicht nur, damit man nicht aussieht, wie ein neugeborener SharPai Faltenhund, sondern auch, weil sie spannt, nervt, sonst mal juckt und sich nicht ok anfühlt.
Frauen, das ist eben so, schminken sich ab der frühesten Jugend, nutzen Kosmetika und Pflegeprodukte. Das Ganze dauert ungefähr zwanzig Minuten.

Die Aktivitäten des täglichen Lebens geben vor, dass es die Aufgabe der Pflege ist, dafür zu sorgen, dass die Patientin sich als Frau fühlen und verhalten kann. Dazu würde selbstverständlich gehören, dass sie ihre Routinen beibehalten, sich weiterhin schminken und abschminken kann, wenn sie das will.

Aber so läuft das nicht. Kann es nicht laufen, weil für eine komplette Pflege mit Waschen, Anziehen etc. zusammen ca. 40 Minuten veranschlagt sind. Und da ist die Doku schon drin. Die Sache ist also klar. Die Zeit reicht gerade dazu, mit einem Lappen durchs Gesicht zu fahren. Besonders Schnelle schaffen es gerade noch, eine Niveacreme aufzutragen. Das muss reichen.

Kosmetik ist im SGB nicht vorgesehen. Es gibt also eine große Differenz zwischen dem, was man in der Schule lernt und dem, was der Gesetzgeber aus den beruflichen Möglichkeiten macht.

Gut, könnte man sagen, es ist jetzt nicht lebensnotwendig. Aber so einfach ist es nicht.

Der Gesetzgeber (und der ist meistens tatsächlich ein „er“) schert sich also nicht nur um die Selbstdefinition des Berufs nicht, er nimmt pflegebedürftigen Frauen die Möglichkeit, das zu tun, was nicht pflegebedürftige Frauen jeden Tag tun: Sich pflegen und schminken.

Die Lücke ist eklatant. Warum sollte es für eine ältere Frau nicht üblich sein, dem nachzugehen? Warum sollte es für eine junge Frau nicht nötig sein, dem nachzugehen? Das ist nicht zu verstehen.

Die Lücke zeigt doch auf, dass der Gesetzgeber und die Entscheidet von vornherein in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen ausgreifen. Es sieht so aus, als sei das, was Millionen Frauen tun, nicht für sie gedacht und nicht nötig, dass „sie daran teilhaben“.

Der gruselige Verdacht liegt nahe, dass diese Lücke entstanden ist, weil es aus Sicht der Entscheidet nur fertilen und für die männliche Gesellschaft habhaftbaren Frauen zustünde, sich wie eine solche nach eigenem Belieben zu verhalten. Das leise im Hintergrund des Problems aufmuckende „die brauchen das nicht, da reicht ein Waschlappen“, ist im Grunde misogyner Ableismus.

Das SGB ist voll von solchen Diskrepanzen. Lediglich Menschen mit Behinderung haben durch ihre persönliche Assistenz die Möglichkeit, das Problem zu umgehen und ihre Assistenz so einzusetzen, wie sie es wirklich benötigen. Doch Frauen, die „nur“ pflegebedürftig sind, haben das nicht. Vor allem alte Frauen haben das nicht.

Nein, das ist kein Luxusproblem, das ist ein eklatantes Problem. Denn offenbar bestimmen Männer darüber, wer sich verhalten kann und soll wie eine Frau und nicht die Frau selbst. Indem sie das SGB nicht mit den Tätigkeiten anfüllten, die dafür notwendig sind.

Von diesen Lücken gibt es viele. Aber niemand spricht sie an. Warum? Pflegende sind in ihrer Routine gefangen und haben keine Einflussmöglichkeiten. Die Politik interessiert sich nicht für die Lücken zwischen ABEDL und ihrem SGB.

Rasieren übrigens als Teil der täglichen Routine für Männer (und Frauen) ist im Gesetz enthalten. Männer, die bis ins hohe Alter gepflegt sind (und Kinder zeugen), sind nämlich tolle Hechte, Frauen, die ihre Weiblichkeit pflegen wollen, „brauchen das nicht“.

Ich bin nicht einverstanden.

„Wer bei „3“ nicht geimpft ist..“. Das Gesundheitssystem und ein ohnmächtiger Staat.

Hände hoch, wer den Trick auch schon bei seinen Kindern versucht hat, wenn er am Rand des Nervenzusammenbruchs etwas durchsetzen wollte: „Ich zähle jetzt bis „3“! Eiiins, zweiiiiii…..“. Die Drei kam nie. Es kam auch keine Konsequenz. Ich habe die starke Vermutung, dass der Trick deshalb höchstens zweimal funktioniert, bis er, entlarvt, als das, was er ist, verpufft – sinnlos.

Sicher haben wir uns vorher beraten. Dass Vollkornbrot gesund ist, dass ein aufgeräumtes Umfeld die Konzentration fördert, dass Socken in den Wäschekorb gehören. Es waren ja nie unlogische Dinge, die gefordert wurden. Sie waren halt nur nicht durchsetzbar. Und das erinnert mich an etwas.

Die Pandemie wurde als Zwilling geboren. Kaum war sie auf der Welt, kam die Impfpflichtdebatte für Pflegende kurz danach an. Impfen, das war klar, schützt. Und daran besteht kein Zweifel. Ohne je Zahlen gekannt zu haben, diskutierte man über die persönliche Freiheit Pflegender. Weil man keine Zahlen kannte, zerrte man Einzeleinrichtungen mit niedrigem Impfstatus hervor. Das Gerücht, Pflege sei nicht geimpft, war geboren. Und man wandte sich ihm zu. Darüber diskutiert hat man mit Ärzten. Montgomery saß in den TV-Shows und entrüstete sich über umgeimpfte Pflege. Blöd nur, dass wir heute wissen, dass weniger Ärzte als Pflegende geimpft sind. Aber es ist so eine Sache mit den Fakten und so hielten die Medien durch das Whitecoatwashing die Mär vom kompetenten Arzt aufrecht, der über die unfähige Pflege bestimmen soll. Es war absurd.

Während Pflege in den Kliniken alles gibt, am Rand des Nervenzusammenbruchs ackert, wurde gesetzlich verfügt, dass sie, die Pflege, sich zu impfen habe. Gleichzeitig glauben Tausende an Quacksalberhumbug wie „Shedding“, also, dass Proteine auf geheimnisvolle Weise durch die Haut der Geimpften dränge, sich dort zum bösen Virus formatiere und – peng- so entstünde Corona. Dem hat sich niemand zugewandt. Nur denen, die tagtäglich den Kopf hinhalten für die, die keinen Bock haben.

Was Pflege schnell raushatte: Nichtimpfen bringt Aufmerksamkeit. Sie bekommen heute mehr mediale Aufmerksamkeit, wenn Sie behaupten, Sie liebten ihren Job in der Pflege, ließen sich aber ums Verrecken nicht impfen. Mediale Aufmerksamkeit bekommen Sie nicht, wenn Sie einfach das tun, was zu tun ist. Denn das ist lame. Das gibt keine Story, keine Emotionen und ist somit uninteressant.

Nichtimpfen bringt Aufmerksamkeit. Vor allen in den Sozialen Medien, wo Ihnen dann – zack – plötzlich Zigtausende folgen. Die sind war in der Regel so drauf, dass es nicht zum Aushalten ist und organisieren „Spaziergänge“, aber, so will das es Social Media Gesetz: Sie haben dann „Impact“ und können, welch Wunder, Einweißdrinks über ihre Kanäle verkaufen und den mageren Pflegelohn ein bisschen aufpeppen. Da ist man doch gleich wer.

In der Pandemie gibt es drei Wesen, die bislang keiner gesehen hat: Godzilla, den Yeti und Kanzler Scholz. Und so gibt es auch keine Anweisungen. Es stellt sich raus, dass die Schulen in etwa so sicher sind, wie die Renten, die Blümchen uns einmal versprochen hat, täglich infizieren sich Kinder, es sterben auch Neugeborene, Kinder infizieren ihre Familien, die Inzidenzen sind höher als die Einnahmen aus den Maskendeals oder der Himalaya in Metern.

Es ist, was es ist: eine wilde Durchseuchung, von der man sich erhofft, was sie nicht bieten kann: Immunisierung. Und während dieser Nichtplan auch alle, die das nicht wollen, mit sich reißt, drängt man weiter auf die Impfpflicht der Einrichtungen. Das Witzige: der Staat hat fertig. Es hat gar nicht die Infrastruktur, den Impfstatus in den Häusern zu kontrollieren. Gleichzeitig tönt man, die Ungeimpften sollen doch gehen. Die braucht eh keiner. Inkompetente Dödel. Doch gleichzeitig, und das weiß jeder, kann man sich nichtmal erlauben, dass die Reinigungskraft kündigt, weil das ein Desaster nach sich zöge. Mit einem Wort: Nicht nur fehlt dem Staat die Infrastruktur, die eigenen Gesetze durchzusetzen, sondern er ist beim Thema Gesundheitssystem dermaßen mit dem Arsch an der Wand, dass er nicht mehr handlungsfähig ist.

Es ist, als hätte die Bundesregierung gerufen: „Wer bei „3“ nicht geimpft ist, der…..“ – aber es bleibt ohne Konsequenzen. Ich würde schon erwarten, dass man sich SPD_seitig jetzt mal fragt, ob es eine gute Idee war, Bildungsbenachteiligte mit wenigen Stunden Grundausbildung an die Betten von Vulnerablen zu lassen, denn Fakt ist: mehrheitlich ist das Ungeimpftenproblem ein Bildungsproblem. „Ehrenpflegas“ glauben wohl eher an Spikeproteine, die ihnen die Potenz versauen als an wirksame Prävention . Das ist politisch so gewollt. Aber auch da folgen für die, die sich den Quatsch mit den Quereinsteigern in der Pflege ausgedacht haben, keine Konsequenzen. Mögen auch aus noch so vielen Quereinsteigern Querdenker werden, denn seit 1945 gibt man die Parole aus, dass „mit Herz gepflegt gut gepflegt“ sei. Welch ein wahnsinniger Irrtum!

Auch der Fakt, dass es Querdenker in der Pflege gibt, juckt keinen. Man hofft einfach vor sich hin, das die sich nicht so radikalisieren , dass am Ende etwas mit den Vulnerablen geschieht. Auch das ist eine Durchseuchung. Aber eine der ideologischen Art. Und so tummeln sich da draußen alle, die keinen Bock auf das Ende der Pandemie haben, völlig konsequenzfrei, schwurbeln ihren Schwurbel, grölen Parolen, Kinder stecken sich an, soziale Einrichtungen schließen.

Der einzig Vulnerable nämlich ist das marode Gesundheitssystem. Wegen dem nämlich können wir einen Großteil der Maßnahmen nicht aufheben und den Menschen sagen: „Hey, Pech, Eigenverantwortung“. Doch das Gesundheitssystem will keiner retten, und deshalb geht nichts vorwärts. Die neue Bundespflegebeauftragte Moll riet den Pflegenden, mehr Selbstbewusstsein zu haben. Das war es dann mit Maßnahmen. Die meisten haben aber mittlerweile so viel Selbstbewusstsein, dass sie gehen. Hier regiert einfach keiner mehr und wer kann, der retten sich selbst. Blöderweise gilt in der Pandemie nichtmal, was sonst immer galt: Frauen und Kinder zuerst.

Happy New Year? Der Jahresendrant 2021/22. Saufen statt Böller!

Der Jahresendrant hat gute alte Tradition hier. Es ist mein Vierter. Aber worüber sollte ich eigentlich ranten? Ich sitze hier total sicher am Silvestertag, hübsch geschminkt und sicherer war es noch nie. Wir leben völlig voneinander getrennt, das Coronaleben und ich. Corona kommt hier nicht rein und ich drohe nicht, in eine Klinik zu müssen und Euch dort zu belasten.

Warum? Ich hatte jahrelang den Nachtdienst an Silvester auf der größten Rettungsstelle Europas. Ich weiß, wie das ist. Aber ich bin keine Gefahr für Euch. Ich habe nie geböllert. In den letzten Tagen war ich einkaufen. Im Gegensatz zu all den anderen Jahren meines Lebens gibt es nichts, was an Silvester erinnert. Nicht nur keine Böller, sondern auch kein Bleigießen und nichtmal Wachsgießen. Der Staat oder der Markt (wer kann das schon noch auseinanderhalten?) hat dafür gesorgt, dass ich mich auch nicht aus Versehen mit einer Luftschlange erwürge oder mir gar ein Konfetti ins Auge kommt. Nichtmal Glitzerlidschatten gibt es in den Märkten. Feel safe, Ophtalmologie!

Ich fand (und ich lebe in der Hauptstadt und nicht in Posemuckel-Nordost) nichtmal Marzipanglücksschweine und ich gehe davon aus, dass der Markt oder der Staat dafür gesorgt haben, dass ich nicht mit einem Blutzuckerspiegel von Drölfzig nach dem Genuss des Schweins (hat die Dinger überhaupt je wer gegessen?) auf die Innere komme. Nichtmal Wunderkerzen gab es, aber ich denke, das ist nicht Corona und der Klinikentlastung zuzuschlagen, sondern was mit Umwelt. Geht ok.

Der Staat sorgt für unsere Sicherheit. Was ich noch darf? Wie jedes Jahr dürfen 80 Millionen Bundesbürger sich weiterhin ins Koma saufen an Silvester. Tausende werden tun, was sie jedes Jahr tun: nicht ballern, sondern sich selbst zuballern und dann mit Alkoholpegeln jenseits aller Vorstellbarkeit die Rettungsstellen zukotzen , zupinkeln, zukacken(ja!), auf ihren bodennahen Matratzen vor sich hinstinken, Zubluten, weil ihnen beim Komakotzen der Klodeckel auf den Schädel gefallen ist, vor sich hinsabbern, auch mal zuschlagen, den Ablauf stören, andere Patienten angreifen und eine Verwüstung hinterlassen. Den Dreck, den diese zivilisatorische Kunst des Neujahrbegrüßens hinterlassen wird, räumt der Frühdienst weg. Auch den Gestank von tausendfach ausgeatmetem Ammoniakatems, gegen den nichtmal ein 5 Liter Eimer Nilodor anstinken könnte. Das, was ZNAs belastet, was jährlich auch Tausende auf die Intensivstationen bringt wegen Atemdepressionen, das Saufen, ist nicht verboten. Bringt ja auch ordentlich Steuern. Alleine die Sektsteuer (die noch aus der Kaiserzeit kommt) brummt heute Nacht was ein. Im Gegensatz zu Luftschlangen und Konfetti und Glitzerlidschatten. Der Staat oder der Markt sind klug. Wo da der Schutz der Pflege bleibt? Keiner weiß es, interessiert ja auch keinen.

Das Land ist gespalten genug. Wer je den Verdacht hatte, dass von seinen Kollegen der eine oder andere fachlich eher ein geistiger Flachwurzler ist, der konnte sich bestätigt fühlen in diesem Jahr. „Wenn ich mich impfen lassen muss, dann kündige ich!“ (diese Reaktion hatte ich schon vor zweiJahren vorhergesagt, aber sie lesen Die Zeit nicht, da in diesem Regierungsgebäude)und ich darf das blöde finden, lieber vor lauter Trotz und Zorn über die Rettung mit dem eigenen Leben bezahlen zu wollen, als einen Gewerkschaftsbeitrag, ja?

Man kann sogar verdienen mit diesem Schwurbelscheiss. Altenpfleger Metin hat das zu bedienen, den Status eines Influencers gebracht. Ja, auf dieser Plattform, wo Pflege Gewaltdarstellungen an Patienten zu Gangstamusik total witzig findet. Und damit ist er geeignet, jeden erdenklichen Mist an Follower zu verkaufen und hat eine Deutungshoheit erreicht, die unerträglich für Menschen mit Hirn ist. Vor lauter Shitstormschiss ducken sich alle anderen (bis auf zwei, und die sind echt der Knaller) in ihre Bubblelöcher weg. Meinungsfreiheit, wa, hahaha!

Es wird überhaupt alles besser, denn wir haben jetzt einen nationalen Mundpflegestandard. Den kann zwar keiner ausführen, weil es zu wenig Personal gibt, aber hey, voll geil, es gibt wieder etwas zum Abhaken, Schreiben, Ankreuzen und Nichterledigen. Vor diesem Blödsinn rettet uns dann die Lauterbachsche-FDP-Digitalisierung. So cute! Damit verdienen am Schweiß derer, die etwas nicht erledigen können, die, die das nicht erledigen müssen. Yipieh, Glücksschweinebacke.

Überhaupt wird alles besser. Es weiß zwar keiner wie und es hinterfragt auch schon lange niemand mehr die Fakten, weil der neue BMG sich genauso als Heilsbringer inszeniert wie der Letzte, aber diesmal wollen sie es glauben. Und es ist im postfaktischen Zeitalter der Glaube, der Berge versetzt, nicht etwas evidenzbasierten Pflege, Eure bundesgesundheitliche Eminenz.

Dieses Land ist pflegerisch so Lost wie die Erdbevölkerung in „Don’t Look up!“. Aber ich kämpfe hier mit meinen eigenen Spaltungen.

Mein Mann liebt Raclette, ich Käsefondue und weil ich zu clever bin, um mich spalten zu lassen, habe ich ein Single-fondue und er darf dafür dieses Jahr alle Racletteschäufelchen für sich haben. Es ist mir unbegreiflich, wie der Staat das zulassen kann, dass ich noch Brennpaste im Haus haben darf. Aber es ist auch Logik dahinter. Käse hat eine chemisch ähnliche Wirkung wie Morphin (kein Joke) und so ist es wahrscheinlich, dass mich nach ein paar Kilo einfach nichts von dem Blödsinn mehr aufregen wird.

Ich lass mich nicht Käsehaarspalten

Wir leben in irren Zeiten, aber ich weiß nicht, ob wir noch Corona meinen.

Wie dem auch sei, wünsche ich euch ein bezauberndes Neues Jahr 2022. Danke an alle, die mich durchs Jahr begleitet haben . Danke auch für die vielen Karten und die Neujahrsgeschenke. Es wird weitergehen und ich werde nächstes Jahr noch ein Schäufelchen drauflegen. Und ich meine nicht das Raclette. 🙂 Ach ja, bei uns standen heute Morgen ALLE Menschen meines Bezirks Kilometerweise (!!) an, um Pfannkuchen zu bekommen. Dicht gedrängt. Aber das sind keine Böller und Corona ist ja nicht verboten.