Covid-19: Forderungen von Pflegefachkräften

Gemeinsamer Aufruf von engagierten Pflegefachkräften

Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister!

Sehr geehrte Verantwortliche in den Ländern und Kommunen!

Wir müssen reden!

Es ist dieser Tage schon ein Trauerspiel. Noch letzte Woche wurden diejenigen, die eine Verschiebung von planbaren Operationen und eine Freiräumung von Klinikkapazitäten forderten, als Panikmacher gebrandmarkt.

„Deutschland sei nicht Italien!“ oder „Macht keine Panik!“ waren Nachrichten, die wir aus dem politischen Berlin erhielten.

Inzwischen scheinen Sie, HerrSpahn, verstanden zu haben, dass Deutschland ganz schnell Italien sein kann und es absehbar auch sein wird.

In Italien fehlten Intensivkapazitäten und Pflegekräfte, bei uns fehlt nur Letzteres.

Einen Unterschied macht das jedoch nicht, denn selbst bei vorhandenen Kapazitäten an Betten und Technik, wer pflegt denn die Patienten auf den Intensivstationen, wer bedient die Maschinen?

Es freut uns von Herzen, dass Sie unsere Texte offensichtlich zur Kenntnis nehmen und sich zumindest partiell daran orientieren, denn die großen Player in der Pflege reagieren wie immer sehr zeitverzögert. Das ist bei einer Pandemie natürlich sehr gefährlich, denn Zeit ist hier Leben!

Sie haben nun endlich verstanden, dass Pflegekräfte so rar sind, dass Sie begonnen haben, die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der Kliniken anzuweisen, jetzt Rentner und Studenten ins Geschehen einzubeziehen und „anzulernen“.

Wir freuen uns jetzt schon auf die Hochrisikogruppe an der Beatmungsmaschine hoch infektiöser Patienten.

Eine unglaublich aussichtsreiche, durchdachteMaßnahme!

Es sind zunächst einmal nicht Sie, der diese katastrophale Situation alleine zu verantworten hat, sondern ebenso Ihre Vorgänger. Aber wir Pflegekräfte (wertvolles Gut) hätten schon ein bisschen mehr Substanz in den letzten Jahren erwarten dürfen, als warme Worte, Merci-Schokolade, und Partys für die Funktionäre.

Nein, Sie können sich nicht auf Tarifpartner, Kostenträger und uns Pflegekräfteherausreden, denn eines wird klarer denn je: Sie haben den Auftrag, die pflegerische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Wir werden die Situation natürlich jetzt nicht retten, indem wir mit Ihren bekannten Werkzeugen (warme Worte, Merci-Schokolade…) weiterarbeiten, sondern nur dann wenn Siejetzt ganz klareVersprechungen an die Pflege geben und diese auch umsetzen. Denn:

Pflege(-fach)kräfte sind ein wertvolles Gut, dass es nun zu schützen und zu schätzen gilt!

Schade, dass diese Wahrheit noch nicht bei allen durchgedrungen ist, ist (man hatte sich wohlan die devote Haltung der Pflege gewöhnt).

Nur in diesem Kontext ist eine offensichtlich mit dem Sozialministerium Baden-Württemberg abgestimmte Mitteilung der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V. zu verstehen, die gestern Abend an die Pflegeeinrichtungen in diesem Land ging:

„Man bemühe sich Schutzmaterial zu besorgen,  aber die Verteilung müsste organisiert werden und man wisse auch nicht, wann es überhaupt vorhanden ist, und falls keines mehr organisierbar ist, sollen wir einfach ohne Schutz weiterarbeiten“

Sie werden jetzt vielleicht verwundert sein, aber genau so geht es nicht!

Diese Pandemie rollt seit Wochen absehbar auf uns zu! Zudem ist es nicht die erste, sich gobal ausbreitende Viruserkrankung.Da hätten wir schon ein bisschen mehr Vorbereitung in den Ministerien und Behörden erwartet.

Kurz vor oben zitierter Mitteilung, kam noch ein Rundbrief des gleichen Ministeriums aus Baden-Württemberg über die Heimaufsichten, man hätte keine rechtliche Grundlagen für generelle Besuchsverbote in Pflegeeinrichtungen und verweise auf die unteren Behörden. Es drohen rechtliche Konsequenzen. In anderen Bundesländern wird es ganz einfach gemacht. Gelten dort etwa andere rechtlichen Grundlagen? 

Warum glauben Sie in den verantwortlichen Positionen eigentlich, dass wir Pflegekräfte auchdie Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Bund, Land und Kommunen auf unserem Rückenzu tragen haben?

Wir alle werden nun gemeinsam Prioritäten setzen müssen, aber nicht die Pflegekräftealleine! Wir erwarten von Ihnen ganz konkret:

  • Eine sofortige Organisation der Beschaffung von wirksamerSchutzmaterialien unter Einbezug aller Möglichkeiten. Im Notfall auch durch die Verstaatlichung von Herstellern und deren Zulieferern, um uns Pflegekräfte zu schützen! (Bitte Schutzkleidung, die wir brauchen und die zugelassen ist!) Nein, es ist nicht wertschätzend, Kanonenfutter zu sein!
  • Ein sofortiges Aussetzung aller Prüfungen in den Pflegeeinrichtungen dieses Landes. Erstens ist das eine mögliche Infektionsquelle und zweitensmuss alles vermieden werden, was in dieser Krisensituation zusätzlich Arbeitszeit der Pflegekräfte in Anspruch nimmt, die bei der Pflege der Patienten dann fehlt.
  • Mobilisierung aller Pflegefachkräfte aus diesen Prüfbehörden für einen Einsatz in der Praxis.
  • Jetzt!eine verlässliche Zusage über eine kräftige staatsfinanzierte Lohnzulage für alle, die dieser Situation standhalten, die ihre Kinder in Notbetreuungsgruppen bringen, Überstunden machen, Pausenzeiten nicht nehmen können, Ruhezeiten nicht einhalten können.
  • Eine sofortige Zusage über deutliche Lohnsteigerungen für Pflegefachkräfte, die bei einem Einstiegsgehalt von 4.000 Euro liegen muss. Die Refinanzierung können Sie sich für die Zeit nach dieser Krise aufheben.

Wir warnen Sie eindringlich! Ohne diese Maßnahmen, werden die Beatmungsmaschinenbald nutzlos herumstehen, weil niemand mehr da sein wird, der sie bedient!

Handeln Sie jetzt!

„…Die Pflegende teilt mit der Gesellschaft die Verantwortung, Maßnahmen zugunsten der gesundheitlichen und sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung besonders der von benachteiligten Gruppen, zu veranlassen und zu unterstützen…“ ICN- Kodex

Yvonne Falckner, Krankenschwester, Initiatorin CareSlam, Berlin

Monja Schünemann, Fachkrankenschwester (M.A.), Berlin

Eva Ohlert, Altenpflegerin, München

Jana Langer, Fachkrankenschwester OP/ Personalrätin, Neu-Ulm

Ugur Cetinkaya, Einrichtungsleitung (M.A.), Kiefersfelden

Marcus Jogerst- Ratzka, Krankenpfleger und Geschäftsführung, Offenburg

Paul-David Deike, Gesundheits-und Krankenpfleger

Anna Wardega, Krankenschwester, Nordrhein- Westfalen, Initiatorin #respectnurses Deutschland

Franzi Gesundheit- und Krankenpflegerin, Influencerin (Fabulousfranzi)

Ein Kommentar zu „Covid-19: Forderungen von Pflegefachkräften

  1. Ich wäre kein freiberufliche Honorarkraft und – MachbarMacher in der Caring-Community, würde ich dieses Projekt / Eingabe / Initiative nicht voll unterstützen.

    Gerade darum verkörpere ich den Auftrittsmenschen in der Gig-Economy. Um freiberufliche Pflegepräsenz eine Stimme zu verleihen. Ein in Wort und Werk ausgerichtete Stimme und Statement.

    Gut und Gerne friesisch, frisch, frank, frei, fröhlich, fromm und fidel geäußert. Dazu noch willig und bereit (seit 2007) diese personifizierte und nach Art. 12 GG legitimierte Standortbestimmung in unsre Gesellschaft einzubringen indem ich freiberufliches Positionieren wahrnehmbare und konkrete Konturen verleihen; Konturen die man bei kommunikative Handlungen im Diskurs vielleicht zeitweilig ignorieren – aber auf Dauer ihr Power nicht übersehen kann: MachbarMacher machen – das wirkt (manchmal Wunder)!

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