Tote Kollegen. Das neue tote Kapital, von dem niemand spricht im Year of the Nurses and #achhaltetdieKlappe

Ein Rant von Donna Rabiata

Spoiler: wegen der Schleifen haben wir den DBfK und die Kammer angeschrieben…. Still ruht der See der guten Idee… das alles ist nur noch peinlich.

Deutschland 2020 – postmoderne Gesellschaft in einem der reichsten Länder der Welt. Gut aufgestelltes Gesundheitssystem und alle Welt schaut auf Deutschland, voll des Lobes, ob der Maßnahmen zu #flattenthecurve. In Werbeclips mit rührseliger Musik werden wir von Prominenten dazu ermuntert, zu Hause zu bleiben und es geht das Gerücht, dass in manchen Gegenden immer noch gegen 19:00 ganz dolle geklatscht wird, um Pflegepersonal seine Dankbarkeit zu zeigen. 

Währenddessen entgeht den Heldenbeklatschern, der Politik und den selbsternannten Genies des Personalmanagements mit Klopapierüberschuss im Lager, das Jetzt, in der Krise, die ihren Höhepunkt noch nicht einmal erreicht hat und mitten im Yearofthenurseandmidwife min. 35 Menschen, die bei mangelnder Schutzausrüstung ihr Leben für diese Gesellschaft riskiert, ebenjenes verloren haben. COVID-19 fordert auch unter Pflegenden Opfer.

Während in anderen Ländern, z.B. Italien, wenigstens noch die Namen und ihre Bilder veröffentlicht werden (hoffentlich mit Zustimmung der Hinterbliebenen), gedenkt man der Toten hier: gar nicht. Es scheint nebensächlich, uninteressant um nicht zu sagen: inexistent. 

Diese Menschen sind mitten hineingegangen in die Infektionsherde und haben dort ihr Leben gelassen. Die Hinterbliebenen müssen damit zurechtkommen, dass ihre Herzensmenschen nicht „nur“ mal wieder ständig einspringen, oder Zusatz Dienste schieben. Sie werden NIE wiederkommen. Nie wieder. Weil sie andere retten wollten und es vermutlich auch haben. Um den Preis ihres eigenen Lebens, was der Gesellschaft, die ja ach so dankbar ist, komplett gleichgültig ist. Oder habe ich den Aufschrei nicht mitbekommen? 

Die Proteste zugunsten der vielen „Alltagshelden“, die gerade um die versprochene Prämie betrogen und aus Supermärkten verwiesen werden, wenn sie als solche erkennbar sind?

Die Petitionen an den Bundestag, in der eine Entschädigung/Rente für die Hinterbliebenen gefordert wird, während man Pflegekräften erklärt, sie hätten ja jetzt ihr krisensicheres Gehalt und bräuchten die Prämie gar nicht?

Die Demonstrationen gegen die gekippte max. Stundenzahl von 10Std/Tag während man sie dafür auslacht, dass sie sich diesen Beruf ausgesucht haben?

Es ist blanker Hohn, Pflegekräften Toilettenpapier als „Bonus“ und „Dankeschön“ mit großer Geste UND Pressebericht zu überreichen, während man an ihre verstorbenen Kolleg*innen keinen Gedanken verschwendet.

Es ist schon beinahe lustig, dass man der Gruppe der Pflegenden, der man in aller Selbstverständlichkeit ALLES – inklusive Empathie als Äquivalent zur Professionalität und der Möglichkeit des qualvollen Ablebens, mal eben so abfordert, selbst nicht einmal genügend Empathie entgegenbringt, um ihren Angehörigen, die in diesen Fällen zu Hinterbliebenen wurden, anständig zu kondolieren oder gar ehrliche Unterstützung angedeihen zu lassen. 

Wertschätzung Made in Germany…

Da ich auch wütend eine große Freundin von Lösungen bin: 

Eine schwarze Schlaufe, nach dem Vorbild der Schlaufen für Brustkrebs und/oder Aids, gekauft für einen kleinen Geldbetrag, der an die Hinterbliebenen geht – Steuer- und Abgabenfrei natürlich(!) sollte mindestens drin sein.

 MINDESTENS. 

1€ und eine schwarze Schlaufe zum Gedenken an unsere Kolleg*innen.

Gelebte Empathie. Werden wir das schaffen?

Disclaimer: Das viele den Text gar nicht, oder nur schwer verstehen werden, weil ich mehr als 17 Worte pro Satz verwendet habe, interessiert mich heute nicht die Bohne. Haben sich schließlich selbst ausgesucht, diesen Text zu lesen.

10 Kommentare zu „Tote Kollegen. Das neue tote Kapital, von dem niemand spricht im Year of the Nurses and #achhaltetdieKlappe

    1. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, ob unter den Pflegenden nicht auch Menschen sind, die ihr Leben gelassen haben in ihrer Arbeit
      Nur,-es wird unter der Decke gehalten, nicht öffentlich gemacht
      Dafür gibt’s Diskussionen zum Thema
      FUSSBALL
      Schäme mich für mein Nichtwissen

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      1. Naja es gibt Berichte, wo von umgekommenen Heimbewohnern geredet wird. Und ein Pfleger. Genaue Zahlen hingegen liefert das RKI.

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  1. Wer gesterb Habermas las und Heute zwischen Luhmann und Leutseligkeit hier und da in Texten und Blogs als geborener Blindhuhn pickt, wird Schünemann lieben.

    Stakkato-Sätze in BILD-Qualität: wer will denn Heino, wenn Bach sich verlauten lässt?

    Verstorbene Kollegen: das RKI zählte schon 20 – open end – hohe Dunkelziffer

    https://martendoc.tumblr.com/post/616271621965103104/coronavirus-in-pflegeheimen-schon-20-pflegekr%C3%A4fte

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  2. Mehr fehlen die Worte! Ungerechtigkeit herrscht ja schon seit Menschengedenken, aber das was jetzt läuft, das übertrifft das ganzen noch. Dafür gibt es wohl keinen geeigenen Begriff, oder es gibt einen und mir fällt er vor lauter Fassungslosigkeit nicht ein. Die wahren ‚Helden‘ dieser Krisenzeit, werden scharmlos betrogen und die Obrigkeit deckt sich mit neu erhörten Diäten zu. Womit bitte haben die das verdient? Wir steuern im Turbogang auf eine Moderne Eiszeit zu!

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  3. Ich verstehe Ihren Frust. Ich bin aus der Schweiz und in Ihrem Blogg gelandet und hängen geblieben. Auch bei uns wird das Gewissen mit Gegröle vom Balkon erleichtert. Aber das hohe Risiko des Pflegepersonals wird auch bei uns überhaupt nicht thematisiert. Der Tod des chinesischen Arztes, des Entdeckers von Covid 19, war so weit weg, so exotisch und so der Alltagspraxis entzogen, dass man – ich inbegriffen – schlicht nicht auf die Idee kam, den Zusammenhang zu unserem Pflegealltag herzustellen. Dem muss ich nachgehen.
    Hier – in der Deutschschweiz – sind nun alle kribbelig und wollen endlich wieder Stutz verdienen, schoppen und Pizza essen. Endlich OEFFNEN, ist das grosse Wort, Eigenverantwortung: mit anderen Worten, die Alten sind selbst schuld, wenn sie nicht aufpassen und sich anstecken. Dass sie jemand begleiten muss, wenn sie ersticken, wen interessiert es?
    Im Tessin – ich wohne hier – ist die Stimmung gelassener. Man möchte lieber erst mit Italien zusammen zum Alltag zurück gehen. Nur wird die Bevölkerung, aus meiner Sicht, wissentlich mit Watte informiert. Politik und einheimische Medien rühmen rund um die Uhr unser weltbestes Gesundheitssystem und unser aufopferndes, selbstloses, zu allem bereiten Pflegepersonal. Aber dass wir 0,86 Tote auf 1000 Einwohner aufweisen und dass sich das vergleichen muss mit 0,45 in Italien, 0,20 in der Deutschschweiz, 0,47 in GB und 0,83 in den USA habe ich nie thematisiert gesehen in einer Zeitung. Jeden Tag brav die neuen Toten: 8, 12, 3, 5 etc. aber eine Statistik zum Vergleich mit anderen Gebieten, bewahre. Und dass die geographische Verteilung im Kanton den Schwerpunkt in Bellinzona hat, wo nach tagelangen Diskussionen der grosse Fassnachtsumzug mit 30’000 Zuschauern halt doch noch stattfand, 2 Tage vor dem definitiven Versammlungsverbot… auch hier ist es kein Thema, wer da schlussendlich doch noch schwach wurde und ja sagte. Vielen Dank für Ihre Informationen.

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    1. Herzlichen Dank für diesen Einblick in die Schweiz! Dabei sollen Sie es ja viel besser haben, was Arbeitsbedingungen angeht. Ja, für uns hört sich das vergleichsweise hohe Gehalt und die etwas niedrigeren Schlüssel wie der Himmel an.
      (Allerdings kenne ich persönlich auch Schweizer Preise. Meine Güte! 😱)
      Wer ist denn das Schweizer Pendant zum Robert Koch Institut? Herzliche Grüße
      M. Schünemann

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    2. PS Sie haben vor einer Weile schonmal kommentiert. Und ich MUSS es wissen, weil ich literaturwissenschaftlich Geschichte schreibe: sind Sie wirklich, wirklich, ganz wirklich Fritz Gysin? 😳

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  4. Schwarze Schleifchen zu einem Euro für ein klein wenig Würdigung posthum?
    Das wird sicher nicht kommen, denn es kostet Geld und diese Ausgaben kann man angeblich „nicht refinanzieren“.
    Das haben wir heute im KH gelernt:
    Die fehlende Refinanzierung bedingt nämlich u.a. auch, dass das Personal nicht regelmäßig bzw. gar nicht getestet wird.

    Bei uns gab es heute in dem Sammelsurium gespendeter Handschuhe – egal welcher Qualität und welchen Materials – schwarze Nitrilhandschuhe.
    Zu den heute freundlicherweise zugeteilten schwarzen Spende – Handschuhen fällt uns ein:

    Ganz abgesehen davon, dass diese Handschuhfarbe auf einer Palliativstation ziemlich seltsam erscheint, wären
    schwarze Handschuhe im Logo von ‚ 2020 International Year of the Nurse and Midwife‘ – #Nurses2020 dann vielleicht doch eher passend wie blaue und weiße?

    Übrigens:
    Später beim Einkaufen mussten wir dann zu unserer Verwunderung feststellen, dass ein großer Discounter beim Gemüse die im KH sonst eingesetzten regulären Handschuhe für die Kunden bereithielt, während im KH noch immer behauptet wird, man könne derzeit keine solchen Handschuhe bestellen.

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