Tschüß, Jens, es war nicht alles schlecht!

Wer den letzten Tag im Dienst schonmal hinter sich gebracht hat, der weiß, wie sich das anfühlt, dieses Gefühl, dass einem jetzt mal das Ganz geschmeidig den Buckel runterrutschen kann, dieses „Macht Euren Shice doch alleine, ey!“ und dieses „In meine Arme, Freiheit!“. Dieses Keine-Gefühl. Keine 21 Dienste am Stück mehr, keine Schichten, keine verbale Gewalt mehr, kein Gehetze sondern das pure Lebensglück a la Frederick Freiherr von Furchensumpf: „HETZ! MICH! NICHT!“

Ich frage mich, ob Bundesgesundheitsminister das auch haben. Ob die, nachdem sie ja angetreten waren, um diesen Beruf, den jeder kann, mal ordentlich aufzuräumen, mit einem Seufzer der Erleichterung die Tür runterrutschen bei der Wahl, wenn es keiner sieht. „Endlich raus hier!“, Gott sei Dank! Und ob sie heimlich still und leise ihre private Krankenversicherungskarte küssen, weil ihnen das, was sie da herausgefunden haben, niemals passieren kann. Manche sind gleicher.

Nach einer Weile weiß man, es war nicht alles schlecht. Ich könnte, wenn ich mich bemühen würde, ein paar Dinge aufzählen, die lustig waren. Aber auf 30 Jahre gerechnet waren das so wenige, dass die Rückkehr nicht lohnt. Wie ist das wohl beim BMG? Von BMG Gröhe haben wir nie wieder was gehört. Und vielleicht ist Euch das auch mal aufgefallen: Es äußert sich auch nie ein ehemaliger BMG, dass das alles nicht so schlimm war und dass nicht alles schlecht war. Scheinbar verdrängen sie, wo vergessen nicht reicht.

Es war nicht alles schlecht. Ok, Jens hatte da den Spruch mit den „wenn Pflegekräfte nur 3, 4 Stunden pro Woche mehr arbeiten würden, dann wäre schon viel gewonnen“ und dabei vergessen, dass Teilzeit arbeiten Vollzeit arbeiten mit Teilzeit-Bezahlung ist.

Und hey, er hat wirklich 13.000 neue Stellen in der Pflege geschaffen. Dass es niemanden gibt, der die besetzt, das war ja klar. Das hatte er aber auch nie versprochen. Und 270 sind halt in der Pandemie gestorben. Dann sind es jetzt 13270 Stellen.

Es war nicht alles schlecht, das bezeugen sicher auch die politischen Kollegen, die noch damit beschäftigt sind, ihre Maskenprämie gewinnbringend anzulegen und die Konzerne, die jetzt die Feldbetten, die sie als Intensivbetten verkauft hatten, langsam wieder einklappen – und auch die Kohle zählen.

Leistung, das hat sich ja bewiesen in der Pandemie, lohnt sich wieder. Jedenfalls, wenn man nicht in der Pflege arbeitet, sondern über sie verfügt.

Bundesgesundheitsminister erinnern mich an junge Ärzte, die selbstbewusst auf die ZNA kommen und glauben, sie könnten jetzt die Welt retten. Alles hört auf mein Kommando. Dass das Kommando meistens Schwachsinn ist, davon muss man sie in hartnäckiger Arbeit überzeugen und kaum können sie was, sind sie weg. So ähnlich ist es auch mit Pflegenden und dem BMG.

Jetzt wird es wahrscheinlich einen neuen Minister oder, Gott, steh uns bei, eine neue Ministerin geben. Esken liebt Debatten mit dem Pöbel nicht, wie Rüddel hat sie die meisten Pflegenden blockiert.

Wir sind allerdings darauf eingerichtet und verlagern unsere eindringlichen Botschaften auf andere Medien. Da ist kein Blockieren möglich.

Was oder wer auch immer kommt: es wird neue Imagekampagne geben, wieder werden Pflegende eingeladen werden, um die Selbstinzenierung der Minsiter*IN medial zu spreaden wie das Coronavirus. Alles nochmal von vorne. Und wieder wird ein Berufsfremder denen im Beruf erklären, dass sie von nix ne Ahnung haben und wieder werden 4 Jahre vergehen.

Folgen hat das Ganze nur für Pflegende. Die sind mental durch, werden krank. 4 Jahre, das ist eine halbe Berufsverweildauer. Alle 2 Legislaturperioden flüchtet eine Generation aus dem Job. Anders als in der Politik gibt es aber keine Pensionen in erheblicher Höhe und andere warme Sessel. Es ist ja nicht alles schlecht, als BMG. Die Ansprüche jedenfalls nicht.

Es tut mir auch ein bisschen leid und ich hätte gerne mal mit ihm über seine Desillusionierung geredet. Und ob er Pflegende jetzt politisch ernster nehmen kann, als vor 4 Jahren. Jetzt muss es ein neues Bullshit-Bingo geben und die neuen Ideen abgewartet werden.

Viel Neues ist nicht zu erwarten. Es würde mich nicht wundern, wenn wir das Bullshit-Bingo sogar recyceln könnten. Jedenfalls wäre ich mega neugierig darauf, ob die scheidenden und die ankommenden Minister auch eine Art Übergabe machen. Vor wem sie sich hüten sollen da draußen in der Pflege-Welt und mit wem sich auf Bildern gut lächeln lässt.

Bis all die Entscheidungen durch sind, die anstehen, sind schon die Kirschen reif. Mal gucken, ob mit uns gut Kirschen essen oder Saure-Gurken-Zeit kommt.

Ciao Jens, es war nicht alles schlecht.

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