Wer hier Schuld hat? Ihr!Wer auch sonst? ;-)

In „Die Schwester/der Pfleger“ (und seien wir ehrlich, schon der Titel ist eigentlich rückständig) 6.2019 wurde eine große Neuigkeit verkündet: man hat die Gefahr der nosokomialen Infektionen jetzt in Heidenheim im Griff. Jaaaaa! Sogar die gesetzlichen Vorgaben wurden eindeutig übererfüllt. Und es war ganz einfach! Man stellte einfach eine Hygienefachkraft mehr ein, als gesetzlich erforderlich. Ist das nicht wunderbar? Und diese Fachkraft erklärt jetzt allen anderen mit Examen, wie das mit der Hygiene so geht. Bäm! So schreibt man Erfolg! Oh…wait!

Studien besagen, dass es der absolute Zeitmangel ist, dass Pflegende die Vorgaben für Händedesinfektion nicht mehr erfüllen können. Dazu kommen noch interdisziplinäre Schwierigkeiten, Ärzte zum Beispiel, die von Zimmer zu Zimmer hasten und.. nunja… auch nicht immer alle Hygienevorschriften einhalten können. Aber nun, da in Heidenheim ja jemand dem Personal erklären kann, wie das geht, wird ja alles gut. Nein, ich bin es leid!

Pflegekräfte lernen hygienische Vorgaben. Sie können sie. Sie können sie nur nicht durchziehen, weil einfach die Bedingungen, die nur noch auf Profit ausgelegt sind, absolut dagegen sprechen. Und ist ja auch nicht schlimm, nicht wahr? Klickt man bei nosokomialer Infektion einfach die DRG- Köpfchen und behandelt weiter. Katsching! Personalmangel ist es, der die Leute in den Infektionszimmern nicht in den Zimmern lässt, in die sie gehören. Nun tut man bei DSDP und in Heidenheim einfach so, als sei die Otto Normalschwester einfach zu blöde für ihren Job und mit ein bisschen Hilfe würden die Dummchen das schon noch wieder begreifen.

Ich finde das ätzend und anmaßend. So liest es sich, als sei es nicht die Schuld der internen Strukturen, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollen, sondern die der einzelnen Fachkraft. Infektion? Du bist Schuld, Dummerchen.

Ähnlich laufen Berichte über die Work-life Balance . Da gibt es Artikel, wie man die mal richtig ausbalanciert. Pflegende können darüber nur lachen. Du wirst krank und fühlst Dich schlecht? Dummerchen, Du hast einfach nur Deine Work-LIfe-Balance nicht im Griff! Dabei war das doch Deine Aufgabe! Hört mal – ich kenne Berichte von Kollegen, die weniger als 2 Tage frei im Monat haben. Wo sollen die denn überhaupt ne Balance finden? Balance bedeutet in so einem Leben, es bis zur Couch zu schaffen und erst da umzufallen. Und nix ist mit Waldbaden. Mit ein bisschen Glück reicht es vielleicht zum Vollbad in der Wanne.

Es läuft in vielen Artikeln so. Die strukturellen Schwächen, die eigentlich Gewalt darstellen, werden denen übergeholten, die unter ihnen leiden: Infektion? Deine Schuld! Krank geworden und zusammengeklappt? Deine Schuld! Wundmanagement unmodern? Deine Schuld! (Nein, nicht Schuld der Pflegenden ohne selbst verordnen zu dürfen) und ich ertrage das nicht mehr. Woher nimmt ein Verlag eigentlich die Frechheit, die eigenen Leser so zu behandeln? Weshalb macht man nicht die verantwortlich, die für die Strukturen im Bereich zuständig sind?

Infektionen lassen sich nur verhindern, wenn eine vernünftige Rate von Krankenpflege zu Patient vorhanden ist. Einen Hygieneeinprügler, der den Leuten mal erklärt, wie es geht, der nutzt da nichts. Ich fordere ein Umdenken. Weg von diesen Artikeln, die das schlechte Gewissen befeuern und den inneren Stress noch erhöhen! Hin zu dem Augenöffner, dass die Grenzen der Belastbarkeit überschritten sind, dass das Leben und Gesundheit kostet. Das wäre Journalismus und Qualität.

Ein Kommentar zu „Wer hier Schuld hat? Ihr!Wer auch sonst? ;-)

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